Das politische Erbe des Unterhaltungsfernsehens

10.07.2019/EG
Quelle: American Economic Association, Nashville,TN / Pittsburgh,PA (USA)

Die Wirtschaftswissenschaftler Ruben Durante (Universität Pompeu Fabra Barcelona), Paolo Pinotti (Universität Bocconi Mailand) and Andrea Tesei (Universität London), untersuchten die politischen Auswirkungen des kommerziellen Fernsehens in Italien unter Ausnutzung der gestaffelten Einführung des privaten Fernsehens Mediaset von Berlusconi in den frühen 80er Jahren

„Wir stellen fest, dass Personen mit frühem Zugang zu Mediaset-Unterhaltungsinhalten eher für die Partei Berlusconis 1994 stimmten, als er zum ersten Mal für ein Amt kandidierte. Der Effekt hält fünf Wahlen lang an und wird von einem großen Publikum, den sehr jungen und älteren Menschen, getragen. Was mögliche Mechanismen betrifft, so stellen wir fest, dass Personen, die als Kinder dem Unterhaltungsfernsehen ausgesetzt waren, weniger kognitiv anspruchsvoll und bürgernah als Erwachsene und letztlich anfälliger für Berlusconis populistische Rhetorik waren.
(…).
Im Einklang mit dieser Erklärung erstreckt sich die politische Wirkung des Unterhaltungsfernsehens auf eine andere Partei, die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), die mit Forza Italia eine ausgesprochen populistische Rhetorik teilt. Unsere Ergebnisse bieten den ersten systematischen Beweis dafür, dass die Exposition gegenüber Unterhaltungsfernsehen das Stimmverhalten beeinflusst, und legen nahe, dass dieser Effekt durch tiefere kognitive und kulturelle Veränderungen vermittelt wird. Obwohl spezifisch für den italienischen Fall, liefert unsere Analyse allgemeinere Einblicke in die Frage, wie kulturelle Codes, die von Unterhaltungsmedien populär gemacht werden, politische Präferenzen beeinflussen können.“ ↗pubs.aeaweb.org

Zum Thema

„Öffentlich-rechtliche Talkshows sind Werbeträger für die AfD“
„Talkshows seien ungeeignet dafür, komplexe politische Prozesse abzubilden, sagte der Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister im Dlf. Ihr fast tägliches „Ritual der Politiksimulation“ sei ermüdend und ähnele Scripted Reality. Durch ihre Inszenierung und Taktung spielten Talkshows außerdem der AfD in die Hände.“ deutschlandfunk.de

IT: Nutzung schränkt Bewegungsfreiheit ein?

22.01.2018/EG aus dem Blog NETZPOLITIK.ORG, Berlin

Klaus Lenk, Verwaltungswissenschaftler, über bislang wenig kommunizierte Herrschaftsformen

„Der gegenwärtige Hype hindert viele daran, sich Gedanken zu machen, wo zwingende Strukturen sinnvoll sind und wo sie hingegen in eine Welt führen, in der wir als Menschen nur noch als Spielmaterial eines unpersönlichen Systems betrachtet werden.“ netzpolitik.org

Zum Thema

Werner Seppmann, Soziologe: „Der Internetkosmos ist durch eine faustische Symbiose von Transparenz, die für den Nutzer verpflichtend ist, und Anonymität, der sich die Herren der erfassten Daten erfreuen können, geprägt. (…) An ein informationsgesellschaftliches Paradies als Zielpunkt kann nur glauben, wer von grenzenloser Naivität ist.“ heise.de

UN-Sonderberichterstatter kritisiert Netzwerkdurchsetzungsgesetz

10.06.2017/EG aus dem Medium NETZPOLITIK.ORG, Berlin

David Kaye, UN-Sonderberichterstatter, bemängelt insbesondere die große Gefährdung für die Meinungsfreiheit und Privatsphäre

„Kaye kritisiert, dass die im NetzDG geforderten inhaltlichen Restriktionen auf unklaren Definitionen strafrechtlich relevanter Äußerungen basieren. So fielen Beleidigungen oder Diffamierungen teils schon unter die zu löschenden Informationen. Es könnten aber nicht sämtliche Vergehen in Netzwerken gleich bewertet werden. Zudem sei die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit von Inhalten immer auch Kontextabhängig, und nie generalisierbar.“ netzpolitik.org

Belästigungen, Beleidigungen und andere Straftaten

13.05.2017/EG aus dem Deutschen Bundestag, Berlin

Bundesregierung: Schleppende Löschpraxis und Rechtsdurchsetzung bei ‘Facebook‘

„Ein von jugendschutz.net durchgeführtes Monitoring der Löschquote und Reaktionszeiten von Facebook vom Januar/Februar 2017 hat ergeben, dass die Beschwerden von Nutzerinnen und Nutzern gegen Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte nach wie vor nicht unverzüglich und ausreichend bearbeitet werden. Insbesondere fiel die Löschquote geringer aus, wenn ein Verstoß von einem Nutzer und nicht von jugendschutz.net im direkten Kontakt gemeldet wurde. So betrug die Löschquote für durch Nutzer gemeldete Inhalte 39 Prozent im Vergleich zu 88 Prozent, wenn die Meldung durch jugendschutz.net erfolgte. Bei einem im Juli und August 2016 durchgeführten Monitoring betrug die Löschquote für durch Nutzer gemeldete Inhalte noch 46 Prozent.

Grundsätzlich sind Anbieter sozialer Netzwerke wie Facebook für die Inhalte ihrer Nutzerinnen und Nutzer ohne Kenntnis der Inhalte straf- und zivilrechtlich nicht verantwortlich und nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen ohne Anlass zu überwachen oder nach Anhaltspunkten für rechtswidrige Tätigkeiten zu durchsuchen.“ ↗bundestag.de

Bundesverfassungsgericht würdigt Meinungsfreiheit

21.04.2017/EG aus dem Bundesverfassungsgericht, Karlsruhe

Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Verurteilung wegen Beihilfe zur Volksverhetzung

„Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat mit heute veröffentlichtem Beschluss einer Verfassungsbeschwerde gegen die Verurteilung wegen Beihilfe zur Volksverhetzung stattgegeben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Die Strafgerichte müssen den Sinngehalt einer zu beurteilenden Äußerung zutreffend erfassen und sich zudem auf der Ebene der Abwägung mit der Frage auseinandersetzen, welche Bedeutung der Meinungsfreiheit für die zu treffende Entscheidung zukommt.“ bundesverfassungsgericht.de

Zum Thema ein Beitrag von Lukas Gerhardinger, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Öfffentliches Recht an der Universität Freiburg, zum geplanten Netzwerkdurchsetzungsgesetz der Bundesregierungverfassungsblog.de.