Ein Leben in Armut hat Konsequenzen – für alle

14.11.2023/EG
Quelle: Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf

WSI-Verteilungsbericht 2023: „Zu einem gesellschaftlichen Problem wird Einkommensungleichheit spätestens dann, wenn sie zu einer Entfremdung einzelner Gruppen vom demokratischen System beiträgt.“

„Eine zentrale Rolle für die Verteilung von finanziellen Mitteln in unserer Gesellschaft spielen dabei Märkte: Die meisten Menschen finanzieren ihren Lebensunterhalt durch ihre eigene Arbeit und sind deshalb auf den Zugang zu sicherer und angemessen entlohnter Erwerbstätigkeit angewiesen. Aber auch der Kapitalmarkt hat gerade für die Einkommen sehr reicher Menschen eine zentrale Bedeutung. Die Regeln, nach denen diese Märkte funktionieren, werden von der Politik gesetzt, aber gerade auf dem Arbeitsmarkt spielt neben individuellen Qualifikationen und Eigenschaften auch eine große Rolle, inwiefern Arbeitnehmer*innen in der Lage sind, sich gewerkschaftlich zu organisieren und gemeinsam für ihre Interessen zu kämpfen…“ (Auszug, WSI-Report Nr. 90, Seite 4)
Den Report lesen Sie hier.

Tafeln fordern die Abschaffung der Armut

19.10.2023/EG
Quelle: Tafel Deutschland, Berlin

Laut Tafel Deutschland sind mittlerweile 16,7 Prozent der Einwohner (14,1 Millionen Menschen) in Deutschland von Armut bedroht oder betroffen

Die Tafel Deutschland fordert von der Bundesregierung

• armutsfeste Mindestlöhne,
• armutsfeste Sozialleistungen,
• armutsfeste Kindergrundsicherung,
• armutsfeste Renten,
• armutssichernde Arbeitsverträge (keine prekären Jobs, keine sachgrundlose Befristung),
• die Aufwertung sozialer Arbeit,
• die Anerkennung von Ehrenamt, Kindererziehung, Sorge-Arbeit usw. bei der Alterssicherung,
• gesunde Lebensmittel zu bezahlbaren Preisen für alle,
• bezahlbares Wohnen,
• eine hochwertige und kostenfreie Ausbildung bzw. Betreuung für alle Kinder ab Kindertagesstätte bis Universität
sowie
• die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz, z. B. das Recht des Kindes auf Entfaltung, Entwicklung, Förderung, Schutz und angemessenen Lebensstandard.

Die komplette Mitteilung lesen Sie hier.

Audio-Tipp: „Working Class: Die Wohlstandsillusion“

22.08.2023/EG
Quelle: Deutschlandfunk, Berlin

Essay von Julia Friedrichs, Autorin, Filmemacherin und Journalistin, über Arbeitsleistungen, die mit niedrigen Löhnen be- und entwertet werden

Auszug, Zitat von David Graeber: „Angenommen, wir würden alle eines Morgens aufwachen und feststellen, dass nicht nur Krankenschwestern, Müllarbeiter und Mechaniker verschwunden sind, sondern dass auch Busfahrer, Lebensmittelverkäufer, Feuerwehrleute und Schnellrestaurantköche in eine andere Dimension transportiert wurden: Die Folgen wären katastrophal.“

Den Beitrag hören Sie hier deutschlandfunk.de.

Eine Investition in die Zukunft: Kindergrundsicherung

19.08.2023/EG
Quelle: DIW Econ, Berlin

Armut belastet die soziale Teilhabe, die Gesundheit, den Bildungs- und Berufsweg sowie die Perspektive

Fazit der DIW Econ Kurzexpertise „Kosten (k)einer Kindergrundsicherung: Folgen von Kinderarmut“, Auszug, Seite 30: „Die erhöhte finanzielle Belastung für den Staat, die durch die verstärkte Inanspruchnahme staatlicher Unterstützung durch einkommensschwache Menschen und wegfallende Steuereinnahmen verursacht wird, muss in der Beurteilung politischer Maßnahmen immer mitgedacht werden. Investitionen in Kinder zahlen sich langfristig aus und führen langfristig zu erheblichen fiskalischen Einsparungen. […]. Abschließend muss festgehalten werden, dass die monetäre Hilfe nur ein Standbein des Konzepts zur Bekämpfung von Kinderarmut ist. Der verbesserte Zugang und die Ausweitung der finanziellen Unterstützungszahlungen müssen durch nicht-monetäre, fördernde Maßnahmen wie eine soziale Infrastruktur flankiert werden. Nur dann können auch nicht monetär greifbare Wirkungskanäle, wie beispielsweise die soziale Teilhabe, adäquat angegangen, soziale Mobilität gefördert und Folgekosten nachhaltig reduziert werden.“
Die Studie lesen Sie hier diw-econ.de.

Ergänzung zum Thema am 26.08.2023:

Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität zu Berlin, über die Mythen zu Kinderarmut und Kindergrundsicherung:

„Im öffentlichen Diskurs über die Kindergrundsicherung nennt Bundesfinanzminister Christian Lindner zwei neue Argumente: Die Entwicklung der Kinderarmut in Deutschland seit 2015 sei dahingehend positiv, dass viele „ursprünglich deutsche Familien“ nicht mehr arm seien und lediglich die Zuwanderung die Kinderarmut weiter erhöht habe. Zudem seien eine Integration der Eltern in den Arbeitsmarkt und ein stärkeres Bildungssystem bessere Alternativen zur Kindergrundsicherung. Die Aussagen zeugen von grundlegenden Missverständnissen über Kinderarmut, was sie verursacht und wie sie definiert wird. Es ist höchste Zeit, diese Mythen auszuräumen…“ diw.de.

Buchtipp: „Der soziale Staat“

11.08.2023/EG

Renate Dillmann, Arian Schiffer-Nasserie: Der soziale Staat
Über nützliche Armut und ihre Verwaltung

Sachbuch (Sozialpolitik)

„Die Autoren halten Sozialpolitik nicht für eine unhinterfragbar gute Errungenschaft moderner Staatlichkeit, nur weil die »sozial Schwachen« in der »freien Marktwirtschaft« ohne sie kein Auskommen haben. Sie feiern den Sozialstaat nicht dafür, dass er der Garant für den »sozialen Frieden« und die »Nachhaltigkeit« der staatlich etablierten Konkurrenzgesellschaft ist. Weder verurteilen sie die sozialpolitischen Maßnahmen aus der Warte der Betroffenen und Sozialverbände als »unterfinanziert« und »unzureichend«, noch kritisieren sie die aktuelle Sozialpolitik vom Standpunkt der »Leistungs- und Verantwortungsträger« aus Wirtschaft und Politik als »überzogen« und »unbezahlbar«.“
Die Autoren erklären, wie der soziale Staat die kapitalistisch produzierte Armut verwaltet und nützlich macht.

Autoren

Dr. Renate Dillmann studierte Politikwissenschaft, Geschichte und Soziologie an der Uni Mainz; Promotion zur Staatstheorie. Die Autorin ist Dozentin an der Evangelischen Hochschule Bochum (EVH), arbeitet als freie Journalistin und hat unter anderem das Buch „China – ein Lehrstück“ im VSA-Verlag veröffentlicht.

Dr. Arian Schiffer-Nasserie studierte Sozialwissenschaften und Geographie an der Ruhr-Uni Bochum. Promotion zu Rassismustheorie und antirassistischer Erziehung in der Schule. Der Autor ist Professor für Sozial- und Migrationspolitik an der Evangelischen Hochschule in Bochum.

VSA Verlag, 978-3-89965-885-9, Buch