Neuregelungen zum Jahreswechsel

29.12.2020/EG
Quelle: Bundesregierung, Berlin

Gesetzliche Neuregelungen ab Januar 2021

Altenpflege und Geburtshilfe

Das ab 01. Januar 2021 wirkende neue Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetzes soll zu 20.000 zusätzliche Stellen in der Altenpflege sowie neue Stellen für Hebammen in Krankenhäusern verhelfen. Weitere Informationen lesen Sie hier bundesregierung.de.

Arbeitsschutz in der Fleischindustrie

Das Arbeitsschutzkontrollgesetz sorgt für sichere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie. Fleischbetriebe werden nun mehr kontrolliert. Ab 1. Januar 2021 sind Werkverträge und ab 01. April 2021 Zeitarbeit verboten. Weitere Informationen lesen Sie hier bundesregierung.de.

Mindestlohn

Der gesetzliche Mindestlohn wird zum 01. Januar 2021 um 0,15 Euro auf 9,50 Euro angehoben. In den kommenden Jahren wird er schrittweise weiter erhöht. Weitere Informationen lesen Sie hier bundesregierung.de.

Grundsicherung/Sozialhilfe

Ab 01. Januar 2021 erhalten Menschen die auf staatliche Leistungen wie Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Grundsicherung angewiesen sind, mehr Geld. Der Regelsatz für Alleinstehende beträgt dann 446 Euro im Monat (+ 14 Euro). Weitere Informationen lesen Sie hier bundesregierung.de.

Wer pandemiebedingt in Not gerät, hat auch im kommenden Jahr Anspruch auf vereinfachten Zugang zur Grundsicherung. Die Regelung wurde bis 31. März 2021 verlängert. Die Bundesregierung will damit insbesondere Kleinunternehmer und Solo-Selbstständige unterstützen, die vorübergehend von erheblichen Einkommenseinbußen betroffen sind. Weitere Informationen lesen Sie hier bundesregierung.de.

Beitragsbemessungsgrenzen (Versicherungspflichtgrenzen)

Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung beträgt ab dem 01. Januar 2021 auf jährlich 58.050 Euro (monatlich 4.837,50 Euro). Die Versicherungspflichtgrenze liegt dann bei 64.350 Euro jährlich (monatlich 5.362,50 Euro).

Für die Beitragsberechnung in der gesetzlichen Rentenversicherung gilt ab dem 01. Januar 2021 eine neue Einkommensgrenze von 7.100 Euro im Monat in den alten und 6.700 Euro in den neuen Bundesländern. In der knappschaftlichen Rentenversicherung steigt diese Einkommensgrenze auf 8.700 Euro in den alten und 8.250 Euro in den neuen Ländern. Weitere Informationen lesen Sie hier bundesregierung.de.

Grundrente

Ab 01. Januar 2021 haben Rentnerinnen und Rentner, die mindestens 33 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben, einen Anspruch auf eine Grundrente in Höhe von 418 Euro monatlich. Weitere Informationen lesen Sie hier bundesregierung.de.

Solidaritätszuschlag

Für Steuerzahler mit einem zu versteuernden Einkommen von bis zu 61.717 Euro pro Jahr entfällt ab 01. Januar 2021 der Solidaritätszuschlag. Weitere Informationen lesen Sie hier bundesregierung.de.

Hörfunktipp: „Robert Koch und die Verbrechen von Ärzten in Afrika“

28.12.2020/EG
Quelle: Deutschlandfunk, Berlin

Reportage von Julia Amberger, freie Journalistin, über skrupellose Experimente mit Afrikanern

„Zu Kolonialzeiten war es üblich, dass Forscher skrupellos mit Afrikanern experimentierten, allen voran die Deutschen. Auch Robert Koch zwang kranke Menschen in Konzentrationslager und testete an ihnen neue Gegenmittel. Die Gräueltaten der kolonialen Tropenmedizin wirken bis heute…“ deutschlandfunk.de

Zum Thema

Buchtipp: Wolfgang U. Eckart: Medizin und Kolonialimperialismus. Deutschland 1884-1945

Fiskalpolitik: Steuersenkungen für Reiche zahlen sich nicht aus

23.12.2020/EG
Quelle: London School of Economics and Political Science (LSE), London

David Hope, Wirtschaftswissenschaftler am LSE, und Julian Limberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter am LSE, untersuchten die wirtschaftlichen Folgen großer Steuersenkungen für Vermögende in 18 Industriestaaten

Auszüge der Ergebnisse:

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass bei beiden Matching-Methoden größere Steuersenkungen für Reiche den Anteil der obersten 1% am Volkseinkommen vor Steuern in den Jahren nach der Reform erhöhen.“

„Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Wirtschaftsleistung, gemessen am realen BIP pro Kopf und der Arbeitslosenquote, nicht signifikant von größeren Steuersenkungen für die Reichen beeinflusst wird.“

„Unsere Ergebnisse stehen in enger Übereinstimmung mit der vorhandenen korrelativen Evidenz, die zeigt, dass Steuersenkungen für Reiche mit steigenden Anteilen am Spitzeneinkommen einhergehen (Atkinson und Leigh, 2013; Huber et al., 2019; Piketty et al., 2014; Roine et al., 2009; Volscho und Kelly, 2012). Dies ist in diesem Fall besonders relevant, da es eine umfangreiche politikwissenschaftliche Literatur über die Macht reicher Wähler und organisierter Wirtschaftsinteressen gibt, die öffentliche Politik (einschließlich der Steuerpolitik) zu ihren Gunsten zu gestalten (Bartels, 2009; Emmenegger und Marx, 2019; Gilens, 2005; Hacker und Pierson, 2010; Svallfors, 2016), was darauf hindeutet, dass umgekehrte Kausalität in empirischen Studien ohne klare Identifikationsstrategie ein großes Problem darstellen könnte.“

„Unsere Ergebnisse zu den Auswirkungen auf Wachstum und Arbeitslosigkeit widerlegen angebotsseitige Theorien, die davon ausgehen, dass niedrigere Steuern für Reiche bei Personen mit hohem Einkommen Reaktionen des Arbeitsangebots (mehr Arbeitsstunden, mehr Anstrengung usw.) auslösen, die die Wirtschaftstätigkeit ankurbeln (siehe Standardmodelle der optimalen Besteuerung des Arbeitseinkommens in Piketty und Saez, 2013 und Saez, 2001), und stehen vielmehr im Einklang mit neueren empirischen Untersuchungen, die zeigen, dass Einkommenssteuerbefreiungen und Zufallsgewinne nicht dazu führen, dass Personen ihr Arbeitsvolumen signifikant verändern (Akee et al., 2010; Jones und Marinescu, 2018; Martinez et al., 2018).“

„Insgesamt zeigt unsere Analyse deutlich, dass Steuersenkungen für Reiche die Einkommensungleichheit erhöhen, aber keine Auswirkungen auf Wachstum oder Arbeitslosigkeit haben. Wir testen die Mechanismen in unserer Analyse nicht direkt, aber die Verwendung eines Maßes für den Anteil der obersten 1% am Volkseinkommen vor Steuern, das sowohl Arbeits- als auch Kapitaleinkommen umfasst, macht es weniger wahrscheinlich, dass Steuerverschiebung und -vermeidung die Ergebnisse beeinflussen. Unsere Ergebnisse stehen im Einklang mit denen von Piketty et al. (2014), die vermuten, dass niedrigere Steuern für Reiche Spitzenverdiener dazu ermutigen, energischer zu verhandeln, um ihre eigene Vergütung zu erhöhen, und zwar auf direkte Kosten derjenigen, die weiter unten in der Einkommensverteilung stehen.“

Die Studie lesen Sie hier eprints.lse.ac.uk.

Zum Thema

Marcel Fratzscher, Wirtschaftswissenschaftler an der Humboldt-Universität Berlin und Präsident des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW), zur Debatte um die Vermögensteuer twitterperlen.de.

Thomas Piketty, Wirtschaftswissenschaftler an der École des Hautes Études en Sciences Sociales Paris, im Gespräch über Ungleichheit und Ideologie deutschlandfunk.de.

Kate Pickett, Gesundheitswissenschaftlerin an der University of York, und Richard Wilkinson, emeritierter Gesundheitswissenschaftler an der University of Nottingham und am University College London sowie an der University of York, über die Kosten der Ungleichheit awblog.at.

Amin Schäfer, Politikwissenschaftler an der Universität Münster, über die „Politische Gleichheit – das uneingelöste Versprechen der Demokratie“ bzw. wie Einkommen auf die politische Repräsentation und politisches Handeln im Bundestag wirken youtube.com.

998. Sitzung des Bundesrates

19.12.2020/EG
Quelle: Bundesrat, Berlin

Ausgewählte Beschlüsse der Länderkammer vom 18. Dezember 2020:

TOP 4 Gesundheit und Pflege
Der Bundesrat billigte das zuvor vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Verbesserung von Gesundheitsversorgung und Pflege.
Das Gesetz sieht die Finanzierung von 20.000 zusätzlichen Stellen für Pflegehilfskräfte in der vollstationären Altenpflege vor. Die Mittel hierfür kommen aus der Pflegeversicherung und nicht aus Eigenbeiträgen der Patienten.
Außerdem erhalten Krankenhäuser mehr Stellen für Hebammen. Dazu ist ein Förderprogramm mit 65 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen, das etwa 600 zusätzliche Hebammenstellen und bis zu 700 weitere Stellen für Fachpersonal zur Unterstützung von Hebammen in Geburtshilfeabteilungen ermöglicht.
Eine bisher befristete Regelung, nach der im Rahmen der Pflegebegutachtung empfohlene Hilfsmittel automatisch – auch ohne ärztliche Verordnung – als beantragt galten, soll ab dem kommenden Jahr auf Dauer gelten.
Nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten und Verkündung im Bundesgesetzblatt kann das Gesetz zu großen Teilen am 1. Januar 2021 in Kraft treten.

TOP 18 Wohnraum
Der Bundesrat begrüßt die Pläne der Bundesregierung zur Mobilisierung von Bauland.
Die Bundesregierung will mit ihrem Entwurf die Beschlüsse der Baulandkommission umsetzen und die Voraussetzungen für mehr bezahlbaren Wohnraum verbessern. Kommunen sollen künftig brachliegende Flächen leichter für Wohnungsbau nutzbar machen, indem sie zum Beispiel ihre Vorkaufsrechte stärker ausüben – vor allem in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten. Dort sollen sie auch leichter ein so genanntes Baugebot anordnen dürfen, um Baulücken durch neue Wohneinheiten zu schließen. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt sollen Kommunen befristet bis zum 31. Dezember 2025 die Umwandlung bestehender Miet- in Eigentumswohnungen untersagen dürfen, um Mieterinnen und Mieter zu schützen. Bisher ist dies nur in Milieuschutzgebieten möglich.
Die Stellungnahme des Bundesrates wurde der Bundesregierung zugeleitet, die dazu eine Gegenäußerung verfasst und dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt – ihren Entwurf hatte sie dort schon am 30. November 2020 eingebracht. Spätestens drei Wochen nach Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundestag befasst sich der Bundesrat dann noch einmal abschließend damit.

TOP 21 Mindestlöhne in der EU
Der Bundesrat hat den Richtlinienvorschlag, einen EU-weiten Rahmen für die Festlegung von Mindestlöhnen auf einem angemessenen Niveau zu schaffen, zur Kenntnis genommen.
Zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen soll sichergestellt werden, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der EU durch angemessene Mindestlöhne geschützt werden. Dazu sollen die Mitgliedstaaten mit gesetzlichen Mindestlöhnen – nach Vorstellungen der Kommission – die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, damit anhand stabiler und klar definierter Kriterien die Angemessenheit der Mindestlöhne gefördert und dem Ziel angemessener Arbeits- und Lebensbedingungen, des sozialen Zusammenhalts und der Aufwärtskonvergenz entsprochen werden kann (Artikel 5). Dabei sollen mindestens die folgenden vier Kriterien zur Beurteilung der Angemessenheit gesetzlicher Mindestlöhne berücksichtigt werden:

  1. Kaufkraft der gesetzlichen Mindestlöhne,
  2. Niveau und Verteilung der Bruttolöhne,
  3. Wachstumsrate der Bruttolöhne,
  4. Entwicklung der Arbeitsproduktivität.

Die vollständige Tagesordnung lesen Sie hier bundesrat.de.

Veröffentlicht am
Kategorisiert in Allgemein Verschlagwortet mit

Buchtipp: Anstiftung zum Mord

18.12.2020/EG

Annie Zaidi: Anstiftung zum Mord

Roman (Gesellschaft, Kultur, Politik, Rassismus)

„Drei Generationen zweier Familien leben in der Kleinstadt im Süden, die eine hinduistisch, die andere muslimisch. Da ist Dada, der alternde Großvater, der sich liebevoll um seine Pflanzen kümmert. Seine willensstarken Enkel Abu und Fareeda. Die frisch verheiratete Devaki, die ihren Mann nicht mehr versteht. Mariam mit den magischen Händen und der Lehrer Garuda, der verzweifelt versucht, seiner Klasse Landesgeschichte zu vermitteln. Und dann, fast unbemerkt, schleicht sich ein weiterer Bewohner in die Stadt – das Gespenst der Intoleranz, das sich daran macht, das Gleichgewicht aus Respekt und Achtung zwischen den Familien außer Kraft zu setzen.

Annie Zaidi thematisiert den Zusammenhang von Vorurteilen, Hassreden und Gewaltausbrüchen in einem hochaktuellen Buch, das unter die Haut geht.“