981. Sitzung des Bundesrates

14.10.2019/EG
Quelle: Bundesrat, Berlin

Ausgewählte Beschlüsse der Länderkammer vom 11. Oktober 2019:

TOP 7 Rauchverbot in geschlossenen Fahrzeugen* in Anwesenheit von Minderjährigen oder Schwangeren
Dass Passivrauchen die Gesundheit gefährdet, ist hinlänglich bekannt. In verbranntem Tabak sind rund 90 nachgewiesene toxische oder krebserregende Substanzen enthalten. Die Konzentration dieser Giftstoffe ist dabei im abgegebenen Rauch sogar höher als im aktiv inhalierten. Die Tabakrauchbelastung in geschlossenen Fahrgasträumen erreicht bereits beim Rauchen einer einzigen Zigarette innerhalb weniger Minuten ein Vielfaches einer stark verrauchten Gaststätte.
Im Falle eines Verstoßes beträgt die Geldbuße mindestens 500 Euro.
Der Bundesrat stimmte für den Gesetzentwurf.
*Artikel 1, 2., 2b Bundesnichtraucherschutzgesetz: „Fahrzeuge im Sinne von §1 Absatz 1 Nummer 4 sind geschlossen, wenn das jeweilige Fahrzeug keine Kabrio-Limousine ist und auch nicht zu einem solchen umgebaut werden kann; dies gilt auch, wenn Fenster, Türen, oder ein Schiebedach teilweise oder vollständig geöffnet sind. Als Fahrzeuge im Sinne von §1 Absatz 1 Nummer 4 gelten auch Kabrio-Limousinen, deren Dach nicht vollständig geöffnet ist.“

TOP 9 Mietrechtsreform zur Mietpreisbremse
Der Bundesrat hat eine Initiative Hamburgs und Brandenburgs zur Reform des Mietrechts am 11. Oktober 2019 kurzfristig von der Tagesordnung abgesetzt. Darin forderten die Länder eine schärfere Kappungsgrenze sowie einen besseren Kündigungsschutz.
Die Empfehlung des federführenden Rechtsausschusses lautete: „… den Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag nicht einzubringen“.
Den Gesetzesantrag der Freien und Hansestadt Hamburg lesen Sie hier bundesrat.de.

TOP 13 Photovoltaik-Anlagen werden weiter gefördert
Insbesondere kleinere und mittelständische Photovoltaik-Anlagen sollen weiter gefördert werden. Der so genannten 52 Gigawatt-Deckel, der nach geltendem Recht die Förderung begrenzt, soll ersatzlos aufgehoben werden.
Der Bundesrat stimmte für den Gesetzentwurf.
Der Entwurf wird zunächst der Bundesregierung zugeleitet, die dazu Stellung nimmt. Anschließend bringt sie beide Dokumente in den Bundestag ein. Dieser entscheidet, wann und ob er den Entwurf verabschiedet.

TOP 17 Lebensmittelverschwendung
Initiative der Bundesländer Bremen, Hamburg und Thüringen zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung: Verpflichtung des Lebensmittelhandels zur Abgabe an gemeinnützige Organisationen.
Der Bundesrat stimmte gegen die Entschließung.

TOP 20 Klimaschutz: Klimaschutz im Grundgesetz verankern
Initiative des Bundeslandes Thüringen auf die Verankerung des Klimaschutzes im Grundgesetz.
Der Bundesrat stimmte gegen die Entschließung.

TOP 23 Klimaschutz: CO2-Bepreisung
Der Bundesrat hält die bestehenden Abgaben und Umlagen im Energiesektor für grundlegend reformbedürftig: Der Bundesrat fordert die Bundesregierung deshalb auf, diese Wettbewerbsverzerrungen zu beenden und einen fairen Wettbewerb der Technologien auch über die Sektorgrenzen zu ermöglichen.
Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Sie entscheidet, ob sie das Anliegen des Bundesrates aufgreift und eine Gesetzesänderung auf den Weg bringt. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.

TOP 48 Überarbeitung der ermäßigten Umsatzsteuer
Initiative des Bundeslandes Thüringen: „Entschließung des Bundesrates zur Überprüfung des Katalogs der Ermäßigungstatbestände im Umsatzsteuergesetz.
„Handlungsbedarf besteht unter anderem bei der Besteuerung von Dienstleistungen für Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen. Dabei sollte sowohl eine einheitliche ermäßigte Besteuerung des Grundbedarfs erreicht werden, aber auch überprüft werden, ob alle derzeitigen Ausnahmen vom regulären Umsatzsteuersatz noch zeitgemäß sind. Unabhängig von dem grundsätzlichen Überarbeitungsbedarf, wird die Bundesregierung aufgefordert, zum nächstmöglichen Zeitpunkt Hygiene-Produkten für Frauen in die Liste der Produkte mit ermäßigtem Umsatzsteuersatz aufzunehmen.“
Die Entschließung wurde an die Ausschüsse übergeben. Nach den Beratungen soll die Vorlage erneut auf die Tagesordnung des Plenums.

Die vollständige Tagesordnung mit den Erläuterungen zu Inhalt und Beschlüssen lesen Sie hier bundesrat.de.

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Buchtipp: Der Schnee von gestern ist die Sintflut von heute

11.10.2019/EG

Daniela Dahn: Der Schnee von gestern ist die Sintflut von heute
Die Einheit – eine Abrechnung

Sachbuch (Demokratie, Deutschland, Medien, Politik)

Nach dreißig Jahren Vereinigung ist die innere Spaltung zwischen Ost und West so tief wie eh und je; und es haben sich sogar neue Klüfte aufgetan, die unser Gemeinwesen erschüttern. Sie haben damit zu tun, dass die vermeintlichen Sieger der Geschichte das Erbe der beitrittsgeprüften „Brüder und Schwestern“ komplett ausgeschlagen haben.
Was hat die „friedliche Revolution“ den Menschen in Ost und West also gebracht? Viele Annehmlichkeiten, sicher, so Daniela Dahn, aber revolutioniert wurde nichts. Die Geschichte des Anschlusses der DDR ist eine Geschichte von Demütigungen, einer tätigen Verachtung ihrer Kultur, Literatur, Wirtschaft und sozialen Infrastruktur, die immer weiter fortwirkt. Dagegen steht eine geschichtsvergessene Ignoranz, die das Denken in Alternativen entsorgt hat. Erstmals beschäftigt sich die Autorin auch mit der Frage, wie das Ende des sozialistischen Systems die Welt verändert hat. Die „siegreiche“ Demokratie hat überall an Vertrauen verloren, weil sie von den Eliten, die sie tragen sollen, permanent entwertet wird.

Mit der Armut sinkt die Lebenserwartung

10.10.2019/EG
Quelle: Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR), Rostock

Pavel Grigoriev, Rembrandt Scholz und Vladimir M. Shkolnikov, alle MPIDR-Forscher, berechneten den Einfluss von Bildung, Einkommen und Beschäftigungsstatus auf das Sterberisiko

„Arbeitslosigkeit verdoppelt das Sterberisiko. Noch wichtiger ist das Einkommen, vor allem für die Männer: Die Sterblichkeit des am schlechtesten verdienenden Fünftels lag um 150 Prozent über dem des am besten verdienenden Fünftels. Schlechtere Bildung erhöhte das Sterberisiko für Männer hingegen nur um etwa 30 Prozent.
Das Sterberisiko steht für die Wahrscheinlichkeit zu sterben – und zwar unabhängig vom Alter. Um die Sterberisiken vergleichbar zu machen, rechneten die Forscher den Einfluss des Alters heraus. So spielt es etwa keine Rolle, dass Arbeitslose im Durchschnitt älter sind als Menschen mit Job, und schon daher häufiger sterben. Vielmehr wurde die Altersstruktur aller Bevölkerungsgruppen statistisch so angeglichen, dass alle die gleiche Zusammensetzung hatten. Sterblichkeitsunterschiede sind darum nur noch auf die verbleibenden Faktoren wie Arbeitslosigkeit oder Einkommen zurückzuführen.“ ↗mpg.de

„Wie DAX-Unternehmen Schule machen“

10.10.2019/EG
Quelle: Otto-Brenner-Stiftung, Frankfurt am Main

Tim Engartner, Sozialwissenschaftler am Goethe-Universität Frankfurt, untersuchte die privatisierten Lehr- und Lernmaterialen an Schulen: „Das öffentliche Bildungswesen droht mit den gegenwärtigen Lobbypraktiken seine demokratische Legitimation zu verlieren.“

Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass Lobbyismus nicht mehr nur hinter verschlossenen Türen auf dem (bildungs)politischen Parkett stattfindet, sondern Unternehmen wie Allianz und BASF, Commerzbank und Deutsche Bank sowie RWE und Metro die Schule längst als „Werbeplattform“ für sich entdeckt haben. (…). Der Respekt vor der Autonomie des Schulsystems schwindet damit zunehmend; gelegentlich verschwimmen die ohnehin fließenden Grenzen zwischen Schule und Wirtschaft auch in rechtlich fragwürdiger Weise.
(…).
Die Vermengung von staatlicher und privater Sphäre führt aber nicht nur zu einer weitreichenden Erosion staatlicher Verantwortungsbereiche, sondern rüttelt zugleich an den Grundfesten der Demokratie. Denn nicht wenige der Initiativen, die vorgeben, sich um die schulische (Allgemein-)Bildung verdient zu machen, tatsächlich aber nur mit ihr verdienen wollen, speisen die Schulen mit selektiven, tendenziösen und manipulativen Unterrichtsmaterialien, um die Vor- und Einstellungen Heranwachsender nachhaltig zu prägen. Wenn aber das öffentliche Schulwesen dem Zugriff privatwirtschaftlicher Interessen ausgesetzt wird, gerät der urdemokratische Anspruch auf Aufklärung ins Abseits.“ otto-brenner-stiftung.de

Umweltzonen fördern die Gesundheit!

09.10.2019/EG
Quelle: Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit gGmbH (IZA), Bonn

IZA: Krankenhäuser innerhalb der Umweltzonen verzeichnen weniger Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

„Durch einen signifikanten Rückgang der Belastung mit Feinstaub (PM10) und Stickstoffdioxid (NO2) in Umweltzonen deutscher Städte ist auch die Zahl diagnostizierter Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den betreffenden Gebieten zurückgegangen. (…).
Der Analyse zufolge führt beispielsweise eine um 20 Prozentpunkte erhöhte Abdeckung des Einzugsgebiets durch eine Umweltzone zu einem Rückgang koronarer Herzkrankheiten um 5,3 Prozent, was bei einem durchschnittlichen Krankenhaus etwa 30 Fällen pro Jahr entspricht. Bei den chronischen Erkrankungen der unteren Atemwege, wie zum Beispiel Asthma, ergibt sich eine Reduktion um 4,4 Prozent bzw. neun Fälle pro Jahr.
Da die Luftqualität auch die Arbeitsproduktivität beeinflusse, sei nach Einschätzung der Autoren davon auszugehen, dass die positive Gesamtwirkung der Umweltzonen über den direkt messbaren Gesundheitseffekt noch deutlich hinausgehe.“ iza.org

Das IZA konzentriert sich auf die Arbeitsmarktforschung und wird wesentlich von der Deutschen Post Stiftung finanziert.