„Arbeit muss teuer sein – und sich rar machen“

29.10.2018/EG aus dem Blog ÖKONOMENSTIMME, Zürich

Werner Vontobel, Autor und Wirtschaftskolumnist, über die Marktwirtschaft und die Vollbeschäftigung

„Marktwirtschaft ist bekanntlich eine Veranstaltung, bei der es darum geht, mit möglichst wenig Aufwand, möglichst viel zu produzieren. Dieses Prinzip ist so erfolgreich, dass sich Deutschland schon bald nach dem 2. Weltkrieg über das „Wirtschaftswunder“ (der 1960erjahre) freuen konnte, mit Ferien am Mittelmeer für fast alle. (…). Dass der Markt weiterhin so funktioniert, wie es im Lehrbuch steht, zeigt sich auch daran, dass die Wirtschaftspolitik immer mehr zu einer Veranstaltung wird, bei der es darum geht, mit möglichst wenig Geld, für möglichst viel Beschäftigung zu sorgen. Dabei ist die Frage, welche Bedürfnisse mit dieser Arbeit befriedigt werden, nicht erlaubt.

Deutschland gehört in dieser Disziplin zur Weltspitze und zu den Vorreitern …“ ↗oekonomenstimme.org

Dramatische Verschärfung der Einkommensungleichheit durch Wohnkosten

22.10.2018/EG aus dem Blog VOX, London

Christian Dustmann, Bernd Fitzenberger und Markus Zimmermann (alle Wirtschaftswissenschaftler), über den Anstieg der Einkommensungleichheit durch Verschiebungen bei Wohnkosten

Die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung:

  • „Die Veränderungen bei den Wohnausgaben haben die Zunahme der Einkommensungleichheit dramatisch verschärft (bezogen auf das real verfügbare Einkommen). Genauer gesagt, während das Verhältnis von 50/10 des Netto-Haushaltseinkommens vor Abzug der Wohnausgaben zwischen 1993 und 2013 um 22 Prozentpunkte (pp) gestiegen ist, hat sich das gleiche Verhältnis bei Betrachtung des Einkommens nach Abzug der Wohnausgaben fast verdreifacht (62 pp). Das Verhältnis 90/50 zeigt auch einen stärkeren Anstieg bei der Berücksichtigung der Wohnausgaben, jedoch weniger als das Verhältnis 50/10.
  • Zu den Faktoren, die zu diesen Trends beitragen, gehören ein Rückgang der relativen Kosten für Wohneigentum im Vergleich zur Vermietung, Veränderungen in der Haushaltsstruktur und die Mobilität von Wohnungen in Richtung Großstädte.
  • Am unteren Ende der Einkommensverteilung führen steigende Wohnausgaben und sinkende Realeinkommen zu einem überproportionalen Rückgang von Konsum und Ersparnissen.
  • Jüngere Kohorten geben mehr für Wohnen aus und sparen weniger als ältere Kohorten im gleichen Alter. Dies hat schwerwiegende Folgen für den Vermögensaufbau, insbesondere am unteren Ende der Einkommensverteilung.

Zwischen 1993 und 2008 sank das reale Äquivalenznetto-Haushaltseinkommen in Deutschland am unteren Ende der Verteilung stark (um 11% auf das 10. Perzentil), stieg leicht an der Spitze (um etwa 3%) und sank leicht am Median (um etwa 2%), während es zwischen 2008 und 2013 entlang aller Perzentile anstieg (Abbildung 2). Die kumulierte Veränderung des realen Einkommens zwischen 1993 und 2013 betrug -10% für das 10. Perzentil, +2% für den Median und +7% für das 90. Perzentil.“ voxeu.org

Quelle:

VOX wird vom Centre for Economic Policy Research (CEPR), einem Netzwerk von über 700 Forschern, die hauptsächlich an Universitäten in ganz Europa ansässig sind und über das Zentrum in der Forschung und deren Verbreitung zusammenarbeiten, betrieben. Die CEPR-Forschungsstipendiaten und -Partner haben ihren Sitz in über 237 verschiedenen Institutionen in 28 Ländern (90% in der EU).

Nachtrag am 24.10.2018 zum Thema

Aufklärender Beitrag von Christine Prayon, Max Uthoff und Claus von Wagner in der ZDF-Sendung ‘Die Anstalt‘ vom 23.10.2018 zur Vermarktung der Sozialwohnungen. ↗zdf.de

Globales Brutto-Geldvermögen steigt auf 168 Billionen Euro

27.09.2018/EG aus dem Finanzkonzern Allianz SE, München

Allianz Global Wealth Report 2018: Geldvermögen der Haushalte steigt im Jahr 2017 global um 7,7 Prozent

„Das Ergebnis: die reichsten zehn Prozent weltweit vereinen 78,9% der gesamten Netto-Geldvermögen auf sich; für die untere Bevölkerungshälfte, rund 2,5 Milliarden Menschen, verbleiben weniger als 1%.“ (Seite 59)
(…)
„Darüber hinaus zeigt der Wachstumsvergleich an, dass sich in vielen europäischen Ländern die Vermögensverteilung in den letzten Jahrzehnten eher verschlechtert hat, wenn auch in geringerem Ausmaße als in den USA. Dazu zählen die Eurokrisenländer (Portugal, Griechenland, Irland, Italien und Spanien), aber auch die Schweiz, Frankreich und Deutschland.“ ↗allianz.com (Seite 65)

Fachkräften mangelt es an der Bezahlung und nicht an der Zahl?

29.08.2018/EG aus dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf

Eric Seils, Sozialwissenschaftler, kritisiert Studien des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) zum Fachkräftemangel:

„Sowohl eine quantitative Analyse der Daten des DIHK als auch qualitative Fallstudien zu den vom DIHK herausgestellten Niedriglohnbranchen zeigen, dass die Klagen der Unternehmer über den Fachkräftemangel ein Ausdruck ihres Bestrebens sind, die Arbeitskosten niedrig zu halten. Ursächlich ist also kein Mangel an Fachkräften, sondern an Zahlungsbereitschaft. Eine Einwanderungspolitik, die den deutschen Niedriglohnsektor mit niedrig entlohntem Personal versorgen soll, ist ökonomisch schädlich und gefährdet die gesellschaftliche Akzeptanz einer tatsächlich wünschenswerten Einwanderung von Fachkräften.“ boeckler.de

Anmerkung der Redaktion: Die Hans-Böckler-Stiftung ist eine arbeitnehmernahe Einrichtung.

Die Suche nach den sozialen Elementen in der Wohnungspolitik

24.08.2018/EG aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Berlin

Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erstellte ein Gutachten zum Thema „Soziale Wohnungspolitik“ / Eine Erkenntnis ist, dass es Familien an Kaufkraft mangelt

„In der öffentlichen Diskussion wird verbreitet die Meinung geäußert, es fehle an „bezahlbarem Wohnraum“. Der Beirat hält dieses Bild für irreführend, da es die Funktion von Preisen als Knappheitsindikatoren außer Acht lässt. Zusätzlich werden zwei unterschiedliche Probleme vermengt und damit deren Lösung erschwert: Zum einen mangelt es in vielen Regionen an Wohnraum, weil die Anreize zur Erstellung und zur Vermietung von Wohnungen zu gering sind. Zum anderen fehlt es vielen Familien an Kaufkraft, um sich eine Wohnung in einem Ballungsgebiet leisten zu können. Dieses zweite Problem ließe sich durch angemessene finanzielle Förderung, die an den individuellen Ausgaben fürs Wohnen ansetzt, deutlich entschärfen.“

Das Gutachten lesen Sie hier bmwi.de.