Buchtipp: Nicht über unsere Köpfe

13.07.2018/EG

Erich Visotschnig: Nicht über unsere Köpfe
Wie ein neues Wahlsystem die Demokratie retten kann

Sachbuch (Demokratie, Gesellschaft, Politik, Wahlen)

Parteienstreit, Politikverdrossenheit, sinkende Wahlbeteiligung – ist die Demokratie am Ende? Keineswegs, sagt Erich Visotschnig, sie arbeitet nur mit den falschen Mitteln.

In »Nicht über unsere Köpfe. Wie ein neues Wahlsystem die Demokratie retten kann« zeigt er die Schwächen des Mehrheitsprinzips auf und stellt mit seinem Konzept des Systemischen Konsensierens eine Alternative vor, die es Beteiligten ermöglicht, sich effektiver in Entscheidungsprozesse einzubringen. Dadurch entsteht eine neue demokratische Kultur, in der nicht länger Großkonzerne und kapitalstarke Interessengruppen, sondern Bürger das Sagen haben.

Dieses Prinzip bewährt sich seit Jahren im privaten, wirtschaftlichen und politischen Bereich. Das Buch stellt gelungene Praxisbeispiele vor und erklärt, wie Systemisches Konsensieren eine erneuerte Demokratie ermöglicht.

Betriebliche Mitbestimmung wirkt auf Herrschaftsformen

12.07.2018/EG aus dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), Berlin

Sigurt Vitols, Sozialwissenschaftler, über die Beziehung zwischen wirtschaftlicher und politischer Demokratie

Die Daten legen den Schluss nahe, „dass es in Europa eine starke Beziehung zwischen wirtschaftlicher und politischer Demokratie gibt. Ein Grund dafür ist, dass Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaften auch wichtige politische Akteure sind, daher beeinflusst der Grad der Arbeitnehmerbeteiligung in unterschiedlichen Ländern die Stärke der „Zivilgesellschaft“. Ein zweiter Grund ist, dass es einen starken Zusammenhang zwischen dem Grad der Arbeitnehmervertretung und der Wahlbeteiligung der Arbeiterklasse gibt. Ein dritter Grund ist, dass die Existenz von Arbeitnehmerbeteiligung ein wichtiger Bestimmungsfaktor für den Grad der „sozialen Verantwortung“ von Unternehmen ist, der mit hoher Wahrscheinlichkeit ihr Verhalten als politische Akteure beeinflusst. All das sind gute Gründe dafür, dass wir der Arbeitnehmerbeteiligung und der wirtschaftlichen Demokratie mehr Beachtung schenken sollten, wenn wir über die „Erosion der Demokratie“ in Europa diskutieren.“ wzb.eu

Syrien: Beteiligung von Russland ist völkerrechtskonform, von Israel und USA nicht

11.07.2018/EG aus dem Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages, Berlin

Völkerrechtlichen Bewertung der russischen, amerikanischen und israelischen Beteiligung am Syrienkonflikt:

Russland

„Die russische Beteiligung am Syrienkonflikt beruht auf der ausdrücklichen Zustimmung des Assad-Regimes, die völkerrechtlich vertretungsbefugt ist. Insofern verletzt Russland nicht das Gewaltverbot nach Art. 2 Nr. 4 VN-Charta. Unter dem Gesichtspunkt des ‘ius ad bellum‘* ist die russische Beteiligung am Syrienkonflikt daher völkerrechtskonform.“

USA

„Die militärische Präsenz der USA in Syrien im Kampf gegen den ‘IS‘ ist unter dem Blickwinkel des Rechts auf Selbstverteidigung gegen nicht-staatliche Akteure völkerrechtlich umstritten und lässt sich mit abnehmender territorialer Präsenz des ‘IS‘ in Syrien immer weniger begründen.“

Israel

„Die Bewertung der israelischen Angriffe gegen syrische und iranische Stellungen sowie die Hisbollah erweist sich als völkerrechtlich problematisch. Die Faktenlage ist in vielen Fällen nicht hinreichend geklärt. Hinzu kommt, dass die völkerrechtlich vorgebrachten Rechtfertigungsgründe zum Teil umstritten sind.“

Die komplette Bewertung lesen Sie hier bundestag.de.

*ius ad bellum (lateinisch) – das Recht zum Krieg

Nachtrag am 12.07.2018 zum Thema

Elizabeth Tsurkov, Politologin und Journalistin, beschreibt die aktuelle Lage der syrischen Bevölkerung:

„Gespräche mit Zivilisten in allen von Rebellen besetzten Gebieten Syriens zeigen, dass sie weitgehend als inkompetente und missbräuchliche Herrscher wahrgenommen werden, die es versäumen, Zivilisten mit Grundbedürfnissen, Dienstleistungen und Recht und Ordnung zu versorgen und ihren Machtvorteil zu ihrem persönlichen Vorteil auszunutzen.

EU: Auch deutsche Abgeordnete sind sehr aktiv – nebenbei

11.07.2018/EG aus der Nichtregierungsorganisation TRANSPARENCY International, Brüssel

Unter den aktivsten ‘Nebenjobber‘ der Mandatsträger im Europäischen Parlament: Angelika Niebler (CSU), Monika Hohlmeier (CSU), Burkhard Balz (CDU), Peter Jahr (CDU), Albert Dess (CSU)

Die gemeinsame Rechtfertigung für Nebentätigkeiten besteht darin, dass sie es Mandatsträgern ermöglichen, mit ihrem Beruf in Kontakt zu bleiben und nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt an einen früheren Arbeitsplatz zurückzukehren sowie die Teilnahme an unbezahlten Aktivitäten (beispielsweise Gremienarbeit) zur Aufrechterhaltung enger Beziehungen zur Gesellschaft.

Transparency Deutschland fordert, dass Nebentätigkeiten von Angeordneten auf nationaler wie europäischer Ebene betragsgenau veröffentlicht und bezahlte Lobbytätigkeiten neben dem Mandat ausgeschlossen werden. Nur durch eine umfassende Offenlegungspflicht erhält die Öffentlichkeit alle Informationen, die notwendig sind, um ein fundiertes und faires Urteil über mögliche Abhängigkeiten und potentielle Interessenkollisionen zu fällen.

Den kompletten Bericht lesen Sie hier transparency.eu.

Internationale Wirtschaftsprüfungsgesellschaften beeinflussen EU-Politik

10.07.2018/EG aus der Nichtregierungsorganisation Corporate Europe Observatory (CEO), Brüssel

„Big Four“ (Deloitte, EY, KPMG und PwC) beraten – politische und unternehmerische – Entscheider der EU in Fragen zur Steuervermeidung / 142 der 160 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland werden von den „Big Four“ geprüft

„Die „Big Four“ erhalten jedes Jahr von der Europäischen Kommission öffentliche Aufträge im Wert von dutzenden Millionen Euro – darunter fallen auch Aufträge im Bereich der Steuerpolitik. Die Generaldirektion für Steuern und Zollunion zahlte 2014 für verschiedene Studien und Analysen in den Bereichen Steuern und Zölle insgesamt mehr als sieben Millionen Euro an PwC, Deloitte und EY. Die Beratungsunternehmen unterstützen also einerseits die Steuervermeidung in großem Stil und werden andererseits für Studien bezahlt, die als Grundlage für Gesetze zur Einschränkung von Steuervermeidung dienen. Daran änderte sich auch nichts, als durch den Lux-Leaks-Skandal bekannt wurde, dass die „Big Four“ Unternehmen bei der Steuervermeidung unterstützt hatten. Im Januar 2018 erhielten PwC, Deloitte und KPMG Aufträge im Wert von 10,5 Millionen Euro für Studien zum Thema Steuern und Zölle – ungeachtet dieser Interessenkonflikte. Darüber hinaus beauftragt die Kommission Steuerberater für Beratungsleistungen zu genau den Steuermaßnahmen, gegen die dieselben Berater ansonsten Lobbyarbeit betreiben. So hatte man zum Beispiel von Deloitte Studien zum Thema Verrechnungspreise angefordert – eine Methode, die multinationale Unternehmen zur Steuervermeidung nutzen – obwohl Deloitte seinen Firmenkunden zur Nutzung von Verrechnungspreisen rät und sich gegen eine striktere Regulierung dieser Praxis eingesetzt hatte.“

Den kompletten Report lesen Sie hier corporateeurope.org.

Zum Thema

Ergänzende Informationen, u. a. über die Lobbyarbeit der WP-Gesellschaften sowie die Mandate von Ökonomen, Politikern und Richtern bei den WP-Gesellschaften lesen Sie hier:

  • Deloitte lobbypedia.de
  • EY lobbypedia.de
  • KPMG lobbypedia.de
  • PwC lobbypedia.de