Ungleichheit hat Folgen

09.12.2019/EG
Quelle: United Nation (UN), New York

UN-Bericht „Human Development Report 2019“ befasst sich u. a. mit dem Zerfall demokratischer Strukturen als Folge von Ungleichheiten

Die Privilegierten können das (staatliche) System erfassen und nach ihren Präferenzen gestalten, was zu noch mehr Ungleichheiten führen kann. Machtasymmetrien können sogar zu Störungen in den institutionellen Funktionen führen und die Wirksamkeit von politischen Maßnahmen beeinträchtigen. Wenn Institutionen von den Vermögenden vereinnahmt werden, sind die Bürger weniger bereit, Teil des Gesellschaftsvertrages (die Regeln und Erwartungen an das Verhalten, die Menschen freiwillig an diese stabilen Gesellschaften halten) zu sein. Dies würde zu einer geringeren Einhaltung der Steuerpflicht führen und die Fähigkeit des Staates, qualitativ hochwertige öffentliche Dienstleistungen zu erbringen, beeinträchtigen. Das wiederum könnte zu größeren Ungleichheiten in Gesundheit und Bildung führen.
Wenn das staatliche System als unfair wahrgenommen wird, möglicherweise aufgrund systematischer Ausschlüsse oder Klientelismus (z. B. durch den Austausch von politischer Unterstützung gegen persönlichen Gewinn), neigen die (nicht profitierenden) Bürger dazu, sich aus politischen Prozessen zurückzuziehen und so den Einfluss von Eliten zu verstärken. ↗undp.org (siehe Seite 11)
In Deutschland betrug die Differenz zwischen dem Einkommenswachstum der unteren 40 Prozent und dem durchschnittlichen Einkommenswachstum in den Jahren 1980 bis 2017 minus 19,7 Prozent und im Zeitraum 2007 bis 2017 minus 6,0 Prozent (Russland 2007 bis 2018: plus 29 Prozent!). Das Einkommenswachstum der einkommensstärksten 1-Prozent-Haushalte in Deutschland betrug in den Jahren 1980 bis 2017 plus 97,9 Prozent. ↗undp.org (siehe Seite 120/122)

Zum Thema

Werner Vontobel, Publizist und Wirtschaftsjournalist, zu den durch Ungleichheit verursachten Schäden: „…, kommen wir zur Erkenntnis, dass wir gut einen Viertel des BIP bloß dafür aufwenden, die Trümmer der Ungleichheit zu beseitigen.“ ↗werner-vontobel.ch

Armin Schäfer, Politikwissenschaftler an der Universität Münster, über repräsentative Demokratie und politische Ungleichheit ↗deutschlandfunk.de

Martin Gilens und Benjamin I. Page: Testen von Theorien der amerikanischen Politik: Eliten, Interessengruppen und DurchschnittsbürgerInnen
Ergebnisse aus der Untersuchung eines einzigartigen Datensatzes, der Messungen der Schlüsselvariablen für 1.779 politische Fragen enthält.
Die multivariate Analyse zeigt, dass wirtschaftliche Eliten und organisierte Gruppen, die Geschäftsinteressen vertreten, erhebliche unabhängige Auswirkungen auf die Politik der US-Regierung haben, während durchschnittliche Bürger und massenbasierte Interessengruppen wenig oder keinen unabhängigen Einfluss haben. Die Ergebnisse liefern eine wesentliche Unterstützung für Theorien der wirtschaftlich-elitären Herrschaft und für Theorien des voreingenommenen Pluralismus, nicht aber für Theorien der mehrheitlichen Wahldemokratie oder des mehrheitlichen Pluralismus. ↗princeton.edu