EZB-Staatsanleihekaufprogramm ist kompetenzwidrig

05.05.2020/EG
Quelle: Bundesverfassungsgericht, Karlsruhe

Bundesverfassungsgericht moniert die getroffenen Maßnahmen zum Staatsanleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie die unterlassenen Gegenmaßnahmen der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages

„Danach haben Bundesregierung und Deutscher Bundestag die Beschwerdeführer in ihrem Recht aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG verletzt, indem sie es unterlassen haben, dagegen vorzugehen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) in den für die Einführung und Durchführung des PSPP erlassenen Beschlüssen weder geprüft noch dargelegt hat, dass die hierbei getroffenen Maßnahmen verhältnismäßig sind. Dem steht das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 11. Dezember 2018 nicht entgegen, da es im Hinblick auf die Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der zur Durchführung des PSPP erlassenen Beschlüsse schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar und damit ebenfalls ultra vires ergangen ist. Einen Verstoß gegen das Verbot der monetären Haushaltsfinanzierung konnte der Senat dagegen nicht feststellen. Aktuelle finanzielle Hilfsmaßnahmen der Europäischen Union oder der EZB im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Corona-Krise sind nicht Gegenstand der Entscheidung.“

Das Urteil lesen Sie hier bundesverfassungsgericht.de.

Ergänzung am 06.05.2020:

Miguel Poiares Maduro, Rechtswissenschaftler an der School of Transnational Governance am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Maduro war 2013 bis 2015 stellvertretender Minister des Ministerpräsidenten und Minister für Regionalentwicklung in Portugal und von 2003-2009 Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof:

„Die Entscheidung ist auch im Hinblick auf den Grundsatz des Vorrangs des EU-Rechts und das Verhältnis zwischen nationalen Verfassungsgerichten und Obersten Gerichten und dem Europäischen Gerichtshof von großer Bedeutung. Sie kann anderen Gerichten und auch nationalen Regierungen die Türen für eine offene Revolte öffnen. Dies wird insbesondere in euroskeptischen Ländern der Fall sein, die derzeit in rechtliche und politische Kämpfe um die Rechtsstaatlichkeit mit der Europäischen Union verwickelt sind.“ verfassungsblog.de