21.10.2020/EG
Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin
Jakob Miethe, Wirtschaftswissenschaftler am Center for Economic Studies (CES) der Ludwig-Maximilians-Universität München, untersuchte die Finanzaktivitäten auf Schattenfinanzplätzen und stellt den Nutzen der Verfolgung und Regulierung vor Ort in Frage
„Wenn sich die Ergebnisse dieser Studie in weiterer Forschung bestätigen, könnten die beeindruckenden Koordinierungsmaßnahmen der OECD bei der multilateralen Bekämpfung von Finanzkriminalität Gefahr laufen, einen unnötigen Umweg zu nehmen. Selbst wenn die jeweilige Behörde am Offshore-Finanzplatz gewillt ist, Daten an die anfragende Stelle zu übermitteln, so ist die wahrheitsgemäße Übermittelung von Daten seitens des Finanzdienstleisters von den Behörden auf der Insel weder überprüfbar noch durchsetzbar, da die Dienstleistung höchstwahrscheinlich nicht einmal in deren Hoheitsgebiet erbracht wurde. Vereinfacht gesagt versuchen beispielsweise deutsche SachbearbeiterInnen Informationen über ein Finanzkonstrukt – welches möglicherweise wenige Häuser weiter in Frankfurt konstruiert und betreut wird – mit Hilfe der Behörden einer kleinen Insel auf der anderen Seite des Globus zu bekommen.
Der Fall Wirecard steht exemplarisch für diese Problematik: Obwohl umfangreiche Informationen zu den Beteiligten und ihren Vergehen offengelegt wurden, scheitert die Aufklärung des Falls unter anderem am Versuch, die relevanten Finanzströme über Schattenfinanzplätze nachzuvollziehen. Dabei befinden sich die potentiellen TäterInnen, die mit der Wirtschaftsprüfung beauftragte Kanzlei sowie die Behörden, die den Fall aufklären sollen, eben nicht in Mauritius, wo einigen Berichten zufolge Kapital gebucht wurde, sondern in Deutschland.“
Die Studie lesen Sie hier ↗diw.de.
Zum Thema
Die Wirtschaftswissenschaftler Thomas Tørsløv (University of Copenhagen), Ludvig Wier (University of Copenhagen), Gabriel Zucman (University of California Berkeley) untersuchten die weltweite Steuervermeidung multinationaler Unternehmen: Unter Ausnutzung dieser unterschiedlichen Profitabilität schätzen die Forscher, dass fast 40% der Gewinne, geschätzt über 700 Milliarden USD, von multinationalen Unternehmen jedes Jahr weltweit in Steueroasen verlagert werden. Für Deutschland würden die Berechnungen den Verlust in Höhe von etwa 26 % der Körperschaftssteuereinnahmen pro Jahr vermuten. Die Studie lesen Sie hier ↗nber.org
Forscher des Internationalen Währungsfonds untersuchten die Phantominvestitionen von inaktiven Unternehmen (Briefkastenfirmen) in Steueroasen / Luxemburg beherbergt ausländische Direktinvestitionen (FDI) in Höhe von rund vier Billionen US-Dollar / Multinationale Unternehmen nutzen Schlupflöcher im irischen Recht aus, indem sie innovative Steuertechniken mit kreativen Spitznamen wie „Doppel-Irisch mit einem holländischen Sandwich“ einsetzen, die Gewinntransfers zwischen Tochtergesellschaften in Irland und den Niederlanden mit Steueroasen in der Karibik als typischem Endziel beinhalten. Mit diesen Taktiken werden noch niedrigere Steuersätze erreicht oder Steuern ganz vermieden. ↗imf.org