Buchtipp: Zwangsgeräumt

12.04.2019/EG

Matthew Desmond: Zwangsgeräumt
Armut und Profit in der Stadt

Sachbuch (Gesellschaft, Kapitalismus, Politik, Ungleichheit, Wohnen)

Matthew Desmond nimmt den Leser mit in die ärmsten Viertel von Milwaukee, einer mittelgroßen, normalen amerikanischen Großstadt. Er erzählt die Geschichte von acht Familien am Rande der Gesellschaft. Die meisten armen Mieter stecken heute über die Hälfte ihres Einkommens in die Miete, so dass Zwangsräumungen zu einem alltäglichen Phänomen geworden sind – vor allem für alleinerziehende Mütter. Matthew Desmond zeigt in seinem scharf beobachteten und erzählerischen Meisterwerk die unfassbare Ungleichheit in Amerika. Das Buch verändert unseren Blick auf Armut und wirtschaftliche Ausbeutung und erinnert mit seinen unvergesslichen Szenen von Hoffnung und Verlust daran, wie wichtig es ist, ein Zuhause zu haben.

Zukunftsplan Pflege – im Burgenland

05.04.2019/EG
Quelle: Amt der Burgenländischen Landesregierung, Eisenstadt

Burgenländische Landesregierung erlaubt Pflege künftig nur noch gemeinnützig

Hans Peter Doskozil, Landeshauptmann: „Es soll nicht so sein, dass heute Unternehmungen mit dieser Thematik gewinnorientiert wirtschaften. Das bedeutet das alle Institutionen, alle Unternehmungen, die derzeit gewisse Elemente, gewisse Gewinnelemente in der Pflegeversorgung aufweisen, dass diese Elemente in vier Jahren passee sein müssen. Das in vier Jahren dieses Unternehmen gemeinnützig sein muss.“ ↗burgenland.at

Auszug aus dem „Zukunftsplan Pflege“:

„2. Gesetzliche Verankerung der Gemeinnützigkeit

Die vom Land Burgenland für die Betreuung und Pflege eingesetzten Finanzmittel müssen in Form   hochqualitativer Pflege und Betreuung in modernen Pflegeeinrichtungen den pflegebedürftigen Menschen zur Gänze zugutekommen. Dies gilt für alle Betreiber von Einrichtungen und Anbieter von mobilen Pflegediensten, die sich aus Mitteln des Landes Burgenland finanzieren. Die Gemeinnützigkeit wird als Bewilligungsvoraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit gesetzlich verankert. Ziel ist es, dass in einer angemessenen Übergangsfrist alle Träger diese Voraussetzungen erfüllen müssen. Erzielte Gewinne, die aus der Pflege- und Betreuungstätigkeit entstehen, sind zweckgewidmet ausschließlich und unmittelbar wieder für die Pflege, die Betreuung und die Verbesserung der Infrastruktur sowie die Qualität der Pflegeeinrichtungen und der Pflegeangebote der Träger im Burgenland zu verwenden.burgenland.at

Zum Thema

Stefan Sell, Sozialwissenschaftler der Hochschule Koblenz, zum politischen Willen, das Renditestreben mit der Pflege alter Menschen zu ermöglichen (Kosten sozialisieren – Gewinne privatisieren):
„Es geht um die Frage, ob man es zulässt, wie das derzeit der Fall ist, dass man mit der Pflege alter Menschen Renditen erwirtschaften kann, die nicht der Pflege wieder zugutekommen (das wäre dann auch für eine Zweckbindung der Überschüsse im gemeinnützigen Bereich relevant), sondern die an Investoren ausgeschüttet werden. Wenn man das zulässt, dann darf man sich nicht wundern, wenn sich die Investorenperspektive verselbständigt und alles unternommen werden muss, um die Kosten zu drücken und die Gewinne zu maximieren. Das ist nun mal das Bewegungsgesetz privater, gewinnorientierter Investoren. Und bei Kostenanteilen von 70 Prozent und mehr für den Personalbereich ist es zwangsläufig klar, wo die Kosten gedrückt werden – vor allem und so lange, wie die Politik nicht in der Lage ist, durch eindeutige und bei Missachtung streng zu sanktionierende Personalvorgaben eine „Produktivitätssteigerung“ durch Personalverkürzung zu verhindern.“ aktuelle-sozialpolitik.blogspot.de

Renditeobjekt ‘Staatspleite‘

04.03.2019/EG
Quelle: Institut für Weltwirtschaft (IfW), Kiel

Josefin Meyer (Forscherin am IfW), Carmen M. Reinhart (Wirtschaftswissenschaftlerin Harvard University Cambridge) und Christoph Trebesch (Wirtschaftswissenschaftler Universität Kiel), untersuchten die Kurse von Staatsanleihen im Zeitraum 1815 bis 2016: Je mehr Staatspleiten, desto höher die Rendite

„Trotz globaler Krisen, immer wiederkehrenden Staatsbankrotten und Kriegen lag die Rendite von Staatsanleihen aus krisengeplagten Ländern in den letzten rund 200 Jahren inflationsbereinigt im Durchschnitt bei 7 Prozent pro Jahr. Dies übertrifft einen Großteil anderer Anlageklassen und liegt etwa auf dem Niveau von Aktieninvestments. (…). Laut Studie war die Rendite eines Schuldentitels im Schnitt umso höher, je mehr Staatspleiten ein Land bereits verzeichnen musste.“ ↗ifw-kiel.de

06.03.2019/Ergänzung zum Thema

Studie des Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Kiel: Private Anleger erzielen immer häufiger juristische Erfolge gegen Schuldnerregierungen, insbesondere vor Gerichten der USA und Englands. ↗ifw-kiel.de

Karte zur Fragilität von Staaten ↗die-gdi.de

Video-Tipp zur Sozialstaatsdebatte

18.02.2019/EG
Quelle: ARD alpha, München

Friedhelm Hengsbach, emeritierter Wirtschaftswissenschaftler, Sozialethiker und Jesuit, über die ‘Soziale Marktwirtschaft‘ und andere Mythen

„Es gibt heute eine Initiative von der Wirtschaft, aber auch von den Parteien, von der CDU jedenfalls, CSU, eine neue soziale Marktwirtschaft zu erzeugen und das bedeutet, dass die sehr stark ein marktradikales Erbe übernommen hat: Der Markt hat Vorrang vor der Sozialleistung, die Geldsphäre hat Vorrang vor der Realwirtschaft und die Privatwirtschaft hat Vorrang vor der Bereitstellung öffentlicher Güter. Das sind drei Optionen die wirklich – ich meine – marktradikal sind und die haben sich eingenistet in das was früher einmal ‘Soziale Marktwirtschaft‘ genannt werden konnte.“ br.de (Minute 4:56)

Zum Thema

Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)

Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft GmbH „ist eine branchen- und parteiübergreifende Plattform und offen für alle, die sich dem Gedanken der Sozialen Marktwirtschaft verbunden fühlen. Finanziert wird ihre Arbeit durch die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie.“ Vorsitzender des Kuratoriums ist Wolfgang Clement, 2002 bis 2005 Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit. insm.de

Buchtipp: Solidarismus

15.02.2019/EG

Rudolf Diesel: Solidarismus
Natürliche wirtschaftliche Erlösung des Menschen

Sachbuch (Arbeitswelt, Gesellschaft, Kapitalismus, Markt, Ungleichheit, Wirtschaft)

Dass Rudolf Diesel (1858-1913) ein begnadeter Ingenieur war, ist Allgemeinwissen. Dass er auch ein bedeutender Vordenker einer Sozialreform war, ist nahezu unbekannt. 1903 erschien sein Buch „Solidarismus“ in einer Auflage von 10.000 Exemplaren, von denen nur wenige hundert verkauft wurden. Heute sind davon gerade mal 5 Exemplare in Bibliotheken erhalten, in Antiquariaten fehlt das Buch komplett. Im Gegensatz zum wissenschaftlichen Sozialismus von Marx/Engels, der auf Abschaffung des Privateigentums, Enteignung und Vergesellschaftung abzielte, wollte Diesel durch neue Wege Kapital aufbauen und neue soziale Bedingungen schaffen. Ohne Gewalt und Zwang basiert sein Modell auf Freiwilligkeit und auf der Überzeugungskraft seiner ökonomischen Berechnungen. Diesel hoffte auf Unterstützung durch die Gewerkschaftsbewegung, wurde aber enttäuscht.
Um den Tod Diesels ranken sich heute noch die unterschiedlichsten Gerüchte. Freitod ist die offizielle Version, Ermordung durch die Ölmafia oder Marktkonkurrenten meinen andere. Auf jeden Fall werden sich für seine Ideen alle interessieren, die heute ein Bürgergeld fordern, bzw. eine gerechtere Gesellschaftsordnung jenseits des globalen Raubkapitalismus anstreben.