17.10.2017/EG aus dem Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen, Duisburg
Sozialwissenschaftler Gerhard Bosch und Thorsten Kalina, Institut Arbeit und Qualifikation Universität Duisburg-Essen, über die wachsende Ungleichheit in der Prosperität
„Die Einkommensunterschiede in Deutschland haben in den letzten 20 Jahren stärker als in vielen anderen europäischen Ländern zugenommen. Vor allem seit Mitte der 90er Jahre bis 2005, also noch vor den Hartz-Gesetzen, nahm die Ungleichheit zu. Trotz des starken Beschäftigungsaufschwungs seit 2004 mit einer Zunahme der Zahl der Beschäftigten um 4,6 Millionen Personen kam dieser Prozess nicht zum Stillstand. (…)
Den wichtigsten Grund für die Ausdifferenzierung der Markteinkommen sehen die Autoren in der abnehmenden Tarifbindung, die überhaupt erst die Entstehung eines großen Niedriglohnsektors in Deutschland möglich gemacht hat. Entscheidend dafür waren die abnehmende Verhandlungsmacht der Gewerkschaften nach der Wiedervereinigung, die wachsenden Chancen von Unternehmen, aus Tarifverträgen auszuscheren, die zunehmende Auslagerung von Tätigkeiten in nicht tarifgebundene Unternehmen oder auf nicht an deutsche Tarife gebundene Werkvertragnehmer vor allem aus Osteuropa wie auch die Produktmarktderegulierungen der EU in den 90er Jahren.
Die verteilungspolitische Wende in Deutschland, die seit Anfang 2000 zu einer Absenkung der progressiven Einkommenssteuer, einer Anhebung der indirekten, regressiv wirkenden Steuern und einer Absenkung von Sozialleistungen geführt hat, ist ein weiterer wichtiger Erklärungsfaktor für die wachsende Ungleichheit der verfügbaren Haushaltseinkommen.“ ↗iaq.uni-due.de