NOx: Fragwürdiges Fachwissen der Bundesregierung

23.05.2017/EG

Bundesregierung erkennt keine fachliche Grundlage zur Festlegung einer oberen Bandbreite bei Stickstoffoxid-Emissionen (NOx) aus Braunkohlekraftwerken

Am 28.04.2017 wurde das Merkblatt zu den besten verfügbaren Techniken (BVT; engl. BAT – best available techniques; BREF – best available techniques reference document) für Großfeuerungsanlagen im Ausschuss nach Artikel 75 der Industrieemissionsrichtlinie unter Mitwirkung der Mitgliedstaaten beschlossen. Es trägt aus Sicht der Bundesregierung grundsätzlich zu einer Verminderung von Schadstoffemissionen aus Großfeuerungsanlagen und zur weiteren Harmonisierung der Umweltanforderungen in der Europäischen Union nach dem besten verfügbaren ‘Stand der Technik‘ bei.

Die Bundesregierung hat die darin von der Mehrheit der Mitgliedstaaten beschlossenen Obergrenze von 175 mg/m³ abgelehnt. Die Bundesregierung hält diese Obergrenze für „nicht sachgerecht“. Bei der Beurteilung hat sich die Bundesregierung „auf die wissenschaftliche Einschätzung des Umweltbundesamtes gestützt“. bundestag.de

Die wissenschaftliche Einschätzung des Umweltbundesamtes, nachzulesen in ’Daten und Fakten zu Braun- und Steinkohlen‘ auf Seite 25:

Auszug von 1.4.5: „Die Feinstaub- und die Schwefeldioxidemissionen des Energiesektors werden nahezu vollständig von den Kohlekraftwerken verursacht (ein geringer Anteil von Biomassekraftwerken). Die NOx-Emissionen des Energiebereiches werden zu ca. 55 % von seinen Kohlekraftwerken verursacht.“

Auszug von 1.4.5.1: „Die Langzeitexposition gegenüber Feinstaub hat negative gesundheitliche Wirkungen, wie:

  • chronische Atemwegserkrankungen (chronische Bronchitis, Lungenkrebs),
  • kardio-vaskuläre Erkrankungen (Bluthochdruck, Herzinfarkte, Schlaganfälle) oder
  • akute Effekte (Brustenge, Husten, Asthma).

Kinder, Senioren und Personen mit Vorschädigungen / Vorerkrankungen sind als Risikogruppen zu betrachten, da sie empfindlicher als die Allgemeinbevölkerung auf entsprechende Belastungen reagieren können.
Neue Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass die Luftverschmutzung während der Schwangerschaft ein negativ beeinflussender Faktor für das Geburtsgewicht sein und Frühgeburten auslösen kann. Außerdem mehren sich Hinweise, dass es einen Zusammenhang zwischen der Feinstaubexposition und neurodegenerativen Erkrankungen im Alter geben könnte. Feinstaub insgesamt (ohne Differenzierung nach der Quelle) verursachte im Jahr 2012 in Deutschland ca. 34.400 vorzeitige Sterbefälle durch kardiopulmonale Erkrankungen und ca. 7.400 vorzeitige Sterbefälle durch Lungenkrebs und somit ca. 307.000 verlorene Lebensjahre. Erste Untersuchungen zur Krankheitslast, die explizit auf die von Kohlekraftwerken ausgehende Feinstaubbelastung fokussieren, zeigen erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit der in Deutschland lebenden Bevölkerung.“ ↗umweltbundesamt.de