Unstatistik des Monats: Reproduktionszahl

30.04.2020/EG
Quelle: RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Essen

Corona-Pandemie: Die Reproduktionszahl und ihre Tücken

„So bedeutsam die Reproduktionszahl für die Einschätzung des Verlaufs der derzeitigen Pandemie auch ist, so vorsichtig sollte sie daher interpretiert werden. Kleine Verringerungen oder Erhöhungen von R um Differenzwerte von 0,1 bis 0,2 liegen im Bereich des Schätzfehlers und sind eigentlich keine Schlagzeile wert. Vor allem eignet sich die Reproduktionszahl aufgrund der nach wie vor mangelhaften Datengrundlage nicht als zentrale oder gar einzige Entscheidungsgrundlage für die schwierige Frage, ob die derzeitigen Kontaktbeschränkungen gelockert werden können oder nicht. Nur eine hinreichend groß angelegte repräsentative Panelstichprobe von Personen, die sich regelmäßig in kurzer Frequenz einem Test unterziehen, kann das zentrale Problem der mangelnden Kenntnis der Dunkelziffer und damit der wahren Ansteckungsgefahr lösen.“ ↗rwi-essen.de

Zum Thema COVID-19

Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) untersuchte die „Vorerkrankungen mit erhöhtem Risiko für schwere COVID-19-Verläufe“:

„Mit Hilfe der Hochrechnung konnte ermittelt werden, dass unter den 83 Millionen Einwohnern Deutschlands bei insgesamt 21,9 Millionen Personen mindestens eine der berücksichtigten Vorerkrankungen vorliegt, sodass sie ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe von COVID-19 haben. Damit liegt eine solche Vorerkrankung bei mehr als einem Viertel der Einwohner vor (26,4 Prozent). Dabei zeigt sich ein deutlicher Anstieg mit zunehmen-den Lebensalter, während Jüngere weniger betroffen sind. Während bei unter 20-jährigen Einwohnern nur etwas mehr drei Prozent mindestens eine dieser Vorerkrankungen aufweisen, steigt der Patientenanteil mit zunehmendem Alter kontinuierlich an und liegt bei den über 80-Jährigen bei 80 Prozent. Knapp zwei Drittel (66,1 Prozent) der insgesamt 21,9 Millionen Patienten mit mindestens einer Vorerkrankung sind 60 Jahre alt oder älter.“ wido.de

Corona-Pandemie: Bedarfe an Intensivbetten

23.04.2020/EG
Quelle: Deutsches Ärzteblatt, Berlin

Studie von Andreas Stang, Leiter des Instituts für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (IMIBE) und Leiter des Zentrums für Klinische Epidemiologie (ZKE), Maximilian Stang, Epidemiologe am IMIBE und Karl-Heinz Jöckel, stv. Leiter des IMIBE, zur geschätzten Nutzung von Intensivbetten aufgrund von COVID-19 in Deutschland im zeitlichen Verlauf

„Hintergrund: In Deutschland besteht die Sorge, dass die Kapazität der Betten auf Intensivstationen für die COVID-19-Pandemie möglicherweise nicht ausreicht. Ziel war es, die maximale tägliche Anzahl von COVID-19-Fällen zu bestimmen, die vom 11. April bis zum 30. Juni 2020 auf Intensivstationen behandelt werden müssen.
(…).
Diskussion: Unsere Ergebnisse geben keinen Anlass zu einer Diskussion über eine notwendige Triage von COVID-19-Patienten in Deutschland. Die Belegung der Betten auf der Intensivstation sollte jedoch zentral gesteuert werden, damit die Bettenkapazität optimal genutzt wird. Sollte es wider Erwarten doch noch zu einem exponentiellen Anstieg der Fallzahlen kommen, sind unsere Ergebnisse hinfällig.“
Die Studie lesen Sie hier aerzteblatt.de.

Zum Thema

Jeder Dritte an COVID-19 Verstorbene lebte in einer Betreuungs- bzw. Pflegeeinrichtung aerzteblatt.de.

Aktuelle und fachlich gesicherte Informationen rund um das Coronavirus SARS-CoV-2 und die (Lungen-)Erkrankung COVID-19 von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), eine Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. ↗infektionsschutz.de

Corona-Pandemie: Kontaktbeschränkungen bis 03. Mai

16.04.2020/EG
Quelle: Bundesregierung, Berlin

Telefonschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 15. April 2020: geltende Kontaktbeschränkungen bis 03. Mai 2020 verlängert

  • Der Schulbetrieb soll ab 4. Mai schrittweise wieder aufgenommen werden – zunächst prioritär für Abschlussklassen und qualifikationsrelevante Jahrgänge sowie die letzte Klasse der Grundschule.
  • Prüfungen und Prüfungsvorbereitungen der Abschlussklassen dieses Schuljahres sollen wieder stattfinden können.
  • Die Kultusministerkonferenz wird beauftragt, bis zum 29. April ein Konzept für weitere Schritte vorzulegen, wie der Unterricht insgesamt wieder aufgenommen werden kann.
  • Die Notbetreuung wird fortgesetzt und auf weitere Berufs- und Bedarfsgruppen ausgeweitet.
  • Geschäfte bis zu 800 qm Verkaufsfläche sowie, unabhängig von der Verkaufsfläche, Kfz-Händler, Fahrradhändler und Buchhandlungen können wieder öffnen. Dabei müssen sie Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen beachten.
  • Friseurbetriebe sollen sich darauf vorbereiten, unter den gleichlautenden Auflagen sowie unter Nutzung persönlicher Schutzkleidung ab dem 4. Mai den Betrieb wieder aufzunehmen.
  • Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen und Synagogen sowie religiöse Feierlichkeiten und Veranstaltungen sollen zunächst weiter nicht stattfinden.
  • Die Bürgerinnen und Bürger bleiben aufgerufen, auf private Reisen und Besuche weiterhin zu verzichten.
  • Großveranstaltungen bleiben mindestens bis zum 31. August 2020 untersagt.

Rechtzeitig vor dem 04. Mai werden die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder die Entwicklung erneut bewerten und weitere Maßnahmen beschließen.

Den Wortlaut des Beschlusses lesen Sie hier bundesregierung.de.

Mit der Corona-Pandemie mutiert die Macht

09.04.2020/EG
Quelle: WZB Democracy Blog, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), Berlin

Sascha Kneip, wissenschaftlicher Mitarbeiter am WZB, über die bedrohte Demokratie in Zeiten der Bedrohung

„Demokratie, so haben wir gelernt und auch unseren Studierenden immer beizubringen versucht, unterscheidet sich von der Autokratie unter anderem dadurch, dass in demokratischen Regimen die Bevölkerung die Herrschenden kontrolliert und nicht umgekehrt. (…). Wie sehr sich die Rollen zwischen Bürgern und Repräsentanten, zwischen Herrschaftsunterworfenen und Herrschaftsausübenden verschoben haben, zeigen schon die öffentlichen Äußerungen führender Politikerinnen und Politiker seit Beginn der Krise. (…). Die normativen Grundlagen der Demokratie müssen, mit anderen Worten, mittelfristig wieder mit dem Handeln der Exekutive und den Einstellungen der Bürger in Einklang gebracht werden. (…). Was uns allen droht, wenn dies nicht passiert, zeigen im Extremen gerade unsere Nachbarländer Ungarn und Polen…“ democracy.blog.wzb.eu

Verändert der Corona-Virus die Marktwirtschaft?

09.04.2020/EG
Quelle: Ökonomenstimme, Zürich

Corona-Krise als Chance: Entwurf von Steffen Lange und Tilman Santarius, beide Wirtschaftswissenschaftler am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung Berlin, für eine resilientere Wirtschaftsform

„Aus volkswirtschaftlicher Sicht kann eine Wirtschaft auch auf einer niedrigeren Produktionsebene und ohne Wachstum stabil und funktionsfähig sein. Produktion und Einnahmen von Unternehmen gehen zwar zurück, weil die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen stark gesunken ist oder Unternehmen zur Ansteckungsprävention die Produktion einschränken müssen. Dadurch verdienen die Menschen weniger. Sie benötigen aber im Durchschnitt auch weniger Geld, da sie weniger konsumieren. Dem geringeren Angebot steht also eine geringere Nachfrage gegenüber. Es geht darum, ein neues Gleichgewicht auf einem niedrigeren Niveau zu finden.“ ↗ioew.de

Das IÖW forscht nach eigenen Angaben „für eine Gesellschaft, die ihre natürlichen Lebensgrundlagen erhält, ein gutes Leben ermöglicht und sozial gerecht ist ‒ eine Gesellschaft, die für nachfolgende Generationen und global Verantwortung übernimmt“.