Armutsbericht München: Kommunalpolitik spiegelt Interessen höherer Einkommen

07.12.2017/EG aus der Stadt München

INIFES-Expertise III zum Münchner Armutsbericht 2017 ‘Verteilung, Armut und Reichtum in München‘ / Armutsgefährdungsquote* in München: 17,4 Prozent, nahezu jeder sechste Münchner

„… das dabei betrachtete Handlungsfeld der Zurverfügungstellung von Infrastruktur bzw. Öffentlichen Dienstleistungen ist für sozial schwache Bevölkerungsgruppen besonders wichtig, die sich von ihren ökonomischen Ressourcen her vergleichbare private, am Markt vermittelte Dienstleistungen nicht leisten können. Eine effektive Bereitstellung öffentlicher Daseinsvorsorge um gezielt den Bedürfnissen und Teilhabemöglichkeiten in den Armutsrisikogruppen entgegen zu kommen, wird an Bedeutung zunehmen. Dies wird u. E. auch durch die breit feststellbare Desillusionierung über die Folgen der jahrzehntelangen Privatisierungspolitik befördert. Allerdings fehlen für die effektive Bereitstellung öffentlicher Daseinsvorsorge in vielerlei Hinsicht die nötigen Informationen (und nicht nur das Geld).
(…)
Gut situierte Gruppen – „Reiche“ – finden und haben aber ihre Lobby, wenn es darum geht, monetäre wie reale öffentliche Leistungen in der Politik durchzusetzen. Daran gebricht es den Armen. Es lässt sich „(…) für Deutschland nachweisen, dass politische Entscheidungen mit höherer Wahrscheinlichkeit mit den Einstellungen höherer Einkommensgruppen übereinstimmen, wohingegen für einkommensarme Gruppen entweder keine systematische Übereinstimmung festzustellen ist oder sogar ein negativer Zusammenhang. Was Bürgerinnen mit geringem Einkommen in besonders großer Zahl wollen, hatte in den Jahren von 1998 bis 2013 eine besonders niedrige Wahrscheinlichkeit umgesetzt zu werden …“ ↗muenchen.de (Seite 69/70

*„Wissenschaftliche Studien belegen, dass es bis zu 60 % mehr Menschen gibt, die einen Anspruch auf Transferleistungen haben, diesen aber aus unterschiedlichen Gründen (z.B. Scham, fehlende Informationen) nicht in Anspruch nehmen. Hierbei handelt es sich um die sogenannte „verdeckte Armut“ bzw. Dunkelziffer.“ ↗muenchen.info (Seite 14)

Steuerdebatte: Bergbaukonzerne überweisen Gewinne in Steueroasen

05.12.2017/EG aus der NRO Tax Justice Network, Chesham/Vereinigtes Königreich

Offener Brief der Südafrikanischen Katholischen Bischofskonferenz (SACBC), Kommission für Gerechtigkeit und Frieden, an die Verantwortlichen von 21* Bergbaukonzernen / Im Brief genannte Steueroasen in Europa: Guernsey, Isle of Man, Jersey (alle drei Inseln sind Kronbesitzungen der britischen Krone und nicht Teil des Vereinigten Königreiches), Luxemburg, Niederlande, Schweiz.

Weltweit beläuft sich die Steuerhinterziehung durch multinationale Unternehmen auf Hunderte von Milliarden Dollar; nach einer aktuellen Schätzung sind es rund 500 Milliarden Dollar. Darüber hinaus werden enorme Vermögen in Steueroasen gehalten: Das Tax Justice Network schätzt, dass es sich dabei um eine atemberaubende Summe von 24 bis 36 Billionen Dollar handeln könnte. Eine andere Schätzung, die eine andere Methodik verwendet, schätzte die Zahl auf 8 Prozent des globalen Reichtums oder 7,6 Billionen Dollar. ↗taxjustice.net

*Anglo American and Kumba Iron Ore, Anglogold Ashanti, ASA Resource Group PLC, Bushveld Minerals, Central Rand Gold Limited, DiamondCorp PLC, Eastern Platinum Ltd, Exxaro Resources, Galileo Resources, Gold Fields Limited, Harmony Gold, Impala Platinum, Jubilee Platinum, LonMin PLC, Petra Diamonds, Resource Generation Ltd, Sibanye Stillwater, Sylvania Platinum Ltd, Tower Resources PLC, Xtract Resources

Zum Thema

„Europäische Regierungen stützen unfaires internationales Steuersystem“ steuergerechtigkeit.blogspot.de.

„Diese 35 Länder gehören auf die geplante EU- Steueroasenliste“ oxfam.de.

Schwarze Liste: EU Kommission ‘sucht‘ Steuertrickser zweitlese.de.

Ergänzung am 06.12.2017

Schwarze Liste: EU veröffentlicht Liste mit ‘nicht kooperativen Steuerhoheiten‘ als Teil der Bemühungen gegen Steuerhinterziehung und -umgehung. europa.eu.

Ursache von Stromsperren ist Armut?

04.12.2017/EG aus dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim

ZEW stellt ‘Diskussions-Papier‘ zum Thema ‘Ursachen von Stromsperren in Privathaushalten‘ vor: Stromsperren (rund 330.000 im Jahr 2016) drohen häufig ALG-II-Empfängern (Hartz IV) und verschuldeten Haushalten

„Die empirische Untersuchung zeigt, dass Stromsperren und ihre Androhung häufig auftreten, wenn ein Haushalt bereits bestehende Schulden hat. Haushalte, die Grundsicherungsleistungen beziehen, sind überdurchschnittlich oft von der Androhung bzw. Umsetzung einer Stromsperre betroffen. Im Gegensatz zur Androhung einer Stromsperre kommt es überproportional häufig zur tatsächlichen Umsetzung einer Stromsperre, wenn die Betroffenen über ein besonders geringes Bildungsniveau verfügen sowie in Ein-Personen-Haushalten.
Insgesamt stützen die Ergebnisse die These, dass die Problematik der Stromsperren einer herkömmlichen Verschuldungsproblematik ähnlich ist. Gegenmaßnahmen sollten daher nicht alleine auf das Einkommen oder die Stromkosten der Haushalte fokussieren, sondern müssen auch kognitive und psychologische Faktoren adressieren, die mit Ver- bzw. Überschuldung einhergehen.“ zew.de

Zum Thema

Stromsperre – was nun? verbraucherzentrale.de.

Stefan Sell, Sozialwissenschaftler, zur Armut in Deutschland (SWR-Video, 27 Min.) ↗youtube.com.

Rüstungsdebatte: Bewaffnete Konflikte und Unsicherheit befeuern Rüstungsphantasien

02.12.2017/EG aus der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), München

Bericht von McKinsey & Co. und dem Centre for International Security Policy (CISP) soll Regierungen zur Erhöhung der Rüstungsausgaben motivieren

Im Bericht „More European, More Connected, More Capable: Building the European Armed Forces of the Future“ empfehlen die Autoren den europäischen Entscheidungsträgern fünf zentrale Aufgaben zum Aufbau von vernetzten, einsatzfähigen Streitkräften der Zukunft:

  • Ausrüstung modernisieren, insbesondere um die Lücke im Bereich moderner Kommunikationstechnologie und Digitalisierung zu schließen,
  • in die Verfügbarkeit existierender Waffensysteme investieren,
  • Planung und Beschaffung neuer Ausrüstung harmonisieren,
  • die Konsolidierung der europäischen Verteidigungsindustrie auf politischer Ebene vorantreiben,
  • Forschung und Entwicklung im Bereich der Verteidigung ankurbeln.

Der Bericht diente als Diskussionsgrundlage für den ‘MSC European Defence Roundtable‘ mit etwa 50 hochqualifizierte Vertreter europäischer Regierungen, Streitkräfte, Forschungseinrichtungen und des Verteidigungssektors, der vergangenen Donnerstag in Berlin zusammentraf. securityconference.de

Zum Thema

Aus dem Friedensgutachten 2017: „Schwere Turbulenzen bestimmen die internationale Politik. Die Ansätze für eine kooperative Weltordnung erodieren, die globale Ungleichheit nimmt zu, Hoffnungen auf das Völkerrecht sind zurückgeworfen. Syrien steht für das Versagen der Staatengemeinschaft, Kriegsverbrechen und massenhafte Gräueltaten zu unterbinden. Annahmen im Westen, man könne mittels Militär Bürgerkriege eindämmen oder gar Demokratie erzwingen, haben sich nach den Erfahrungen in Afghanistan, im Irak und in Libyen verflüchtigt.“ ↗friedensgutachten.de

Die Folgen bewaffneter Konflikte lesen Sie auf der Einsatzkarte der NRO Ärzte ohne Grenzen ↗aerzte-ohne-grenzen.de.

Buchtipp: Das Märchen vom gerechten Markt

01.12.2017/EG

Jürgen Freimann: Das Märchen vom gerechten Markt
Wie wir den homo oeconomicus überwinden können

Sachbuch (Globalisierung, Kapital)

Bis zum Herbst 2016 waren CETA, TTIP und Co in aller Munde. Tausende Menschen protestierten gegen die sogenannten Freihandelsabkommen, aber die politisch Verantwortlichen hielten beharrlich an ihnen fest. Seit Donald Trump ist alles anders. Mit seiner Parole „America First“ scheint er das Ende des weltweiten Freihandels einzuläuten. Sollte der nationalistische Populist mit dem roten Schlips am Ende der neue Held der Globalisierungskritiker sein? Weit gefehlt, meint Jürgen Freimann. Zwar will Trump Mauern bauen und Strafzölle einführen, aber auch Unternehmenssteuern senken, Umweltschutz abbauen und die Banken wieder zu ungezügelten Spekulationen berechtigen. Damit befördert Trump das neoliberale Mantra: Noch mehr Markt, noch weniger Zivilgesellschaft und Staat. Und die Verantwortung dafür liegt nicht nur bei den Politikern.

Freimann zeigt, wie wir mit unseren ganz gewöhnlichen Konsum-, Arbeits- und Lebensweisen an der Umsetzung dieser ökonomischen Logik beteiligt sind. Er beschreibt,