Wem dient die totale Überwachung?

20.07.2019/EG
Quellen: ISRASWISS – Jewish News Service (JNS), Winterthur / LE MONDE diplomatique, Berlin / Deutscher Bundestag, Berlin / SciencesPo Internationales Forschungszentrum (CNRS), Paris

Cloud-Daten sind (doch) nicht sicher / Städte werden immer stärker überwacht / Überwacher in Wohnräumen / Wer überwacht die Wächter?

Cloud-Daten sind (doch) nicht sicher

Nach einem Bericht der Financial Times kann das Programm PEGASUS, eine Spionagesoftware des israelischen Unternehmens NSO Groupe nicht nur auf E-Mails, Smartphones oder Passwörter zugreifen, sondern auch auf Clouds. israswiss.me

Überwacher in Wohnräumen

Im Juni 2018 einigte sich die Stadt Nizza mit einem Konsortium von 15 Unternehmen unter der Führung des Rüstungs- und Sicherheitskonzerns Thales auf eine Testphase für die Safe City. (…). Heute ist es möglich, verschiedene Datenbestände wie Polizeiregister und online – vor allem über soziale Netzwerke – erhobene persönliche Daten zusammenzuführen, um Statistiken und Entscheidungshilfen für eine vorbeugende Polizeiarbeit zu erstellen. Die Überwachungsinstrumente, mit denen die großen Geheimdienste seit zehn Jahren experimentieren, werden nunmehr auf die Gesamtheit polizeilicher Aufgaben ausgedehnt. monde-diplomatique.de

Städte werden immer stärker überwacht

Wanzen im Wohnzimmer – Überwachung durch Sprachassistenten (Alexa von Amazon, Bixby von Samsung, Cortana von Microsoft, Google, Siri von Apple, …) und smarte Geräte
„Nach Auffassung der Bundesregierung können Daten und Transkribierungen der vernetzten Geräte dem US-amerikanischen CLOUD Act unterfallen, wenn es sich bei dem Anbieter der Leistung bzw. des vernetzten Geräts um ein US-amerikanisches Unternehmen handelt.“ (Punkt 14)
„Der Bundesregierung sind keine Rechtshilfeersuchen bekannt, die sich auf die Herausgabe von durch vernetzte Geräte aufgezeichnete und gespeicherte Daten an Strafverfolgungsbehörden eines anderen Staates beziehen würden.“ (Punkt 13) bundestag.de

CLOUD Act

Der Clarifying Lawful Overseas Use of Data Act, kurz CLOUD Act (H.R. 4943), ist ein Bundesgesetz der Vereinigten Staaten, das 2018 durch die Verabschiedung des Consolidated Appropriations Act, 2018, PL 115-141, Abschnitt 105 Executive Agreements über den Zugang ausländischer Regierungen zu Daten erlassen wurde. Dieses Gesetz erlaubt es der US-Polizei, Haftbefehle oder Vorladungen für servergespeicherte Daten unabhängig vom physischen Standort der Server zu erteilen, solange der Dienstanbieter seinen Sitz in den Vereinigten Staaten hat. Es erlaubt (neben anderen Bestimmungen) auch „Exekutivvereinbarungen“, die ausländischen Regierungen das Recht auf Zugang zu Daten in den Vereinigten Staaten geben würden, ohne die US-Datenschutzgesetze zu beachten, ohne die Beteiligten zu informieren – und ohne gerichtliche Überprüfung. Das Gesetz wird von Technologieunternehmen und Dienstleistern unterstützt und von Anwälten für Datenschutz und Menschenrechte abgelehnt. nsarchive.gwu.edu

Wer überwacht die Wächter?

Aufsichts- und Geheimdienstnetzwerke: Wer bewacht die Wächter? Das Projekt GUARDINT von SciencesPo (CNRS) Paris, King’s College London, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und Stiftung Neue Verantwortung (SNV) Berlin:
„Seit Mitte der 90er Jahre haben technologische Veränderungen durch die zunehmende Digitalisierung des Alltags die Art und Weise, wie Nachrichtendienste aus der Ferne arbeiten, verändert. Heutzutage werden digitale Spuren, die von fast allen Transaktionen und alltäglichen Handlungen hinterlassen werden, gespeichert und für kommerzielle oder Sicherheitszwecke gesammelt.“ ↗sciencespo.fr

Buchtipp: On the run

08.12.2017/EG

Alice Goffman: On the run
Die Kriminalisierung der Armen in Amerika

Sachbuch (Armut, Kriminalität, USA)

Der »War on Drugs«, der seit 40 Jahren in Amerika tobt, hat es nicht geschafft, den Verkauf oder Gebrauch von Drogen zu verhindern, aber er hat einen weitgehend unbekannten Überwachungsstaat in Amerikas ärmsten Nachbarschaften etabliert. Einen Staat, der durch seine »tough on crime«-Politik ganze Viertel kriminalisiert und die Beziehungen, die eigentlich für Stabilität bei Jugendlichen sorgen sollten, in Belastungen verwandelt.
Alice Goffman hat sechs Jahre in so einer Nachbarschaft in Philadelphia gelebt, und ihre genauen Beobachtungen und erschreckenden Erzählungen offenbaren die schädlichen Folgen dieser weit verbreiteten Politik. Goffman stellt uns unvergessliche Charaktere vor, junge afroamerikanische Männer, die in dem Netz von Haftbefehlen und Überwachung gefangen sind. Manche von ihnen sind kleinkriminelle Drogendealer und andere ganz gewöhnliche Jungs, die einfach mit den wenigen Möglichkeiten, die ihnen zur Verfügung stehen, zu kämpfen haben. Doch alle finden sich in der Falle einer unterstellten Kriminalität, der sie nur selten entkommen können.
Ohne die Probleme des Drogenhandels und die Gewalt, die oft damit einhergeht, zu verleugnen, führen uns die fesselnden Berichte von Alice Goffman die menschlichen Kosten dieser verfehlten Politik vor Augen.

Gericht soll Abhörbefugnisse klären

17.09.2016/EG aus der DE-CIX Management GmbH, Frankfurt am Main

Der Betreiber von Internetknoten DE-CIX reicht Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland ein

DE-CIX Management GmbH hat eine Klage beim Bundesverwaltungsgericht Leipzig gegen die Bundesrepublik Deutschland – vertreten durch das Bundesministerium des Innern – eingereicht.

Zweck der Klage ist die gerichtliche Klärung der Überwachungspraxis durch deutsche Geheimdienste nach Paragraph 5 des deutschen Bundesgesetzes. Das Grundgesetz regelt im Artikel 10 (2) die Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses. De-CIX bezweifelt die Rechtmäßigkeit der derzeitigen Überwachungspraxis und sucht daher die gerichtliche Klärung im Interesse der Kunden sowie des eigenen Unternehmens.