Globalisierung: Industrie verlegt Produktion wieder nach Deutschland?

21.05.2020/EG
Quelle: Ökonomenstimme, Zürich

Dalia Marin, Wirtschaftswissenschaftlerin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, über die Rückverlagerung der (autonomen) Fertigung nach Deutschland

„Wenn die Unsicherheit steigt, leiden die globalen Lieferketten. (…). Verstärkt werden die Anreize zur Rückverlagerung der Produktion nach Deutschland und die reichen Industrieländer noch dadurch, dass die Verwendung von Robotern heute billiger ist als jemals zuvor. Die Rechnung ist einfach: Ein Unternehmen in Deutschland müsste einem deutschen Arbeiter viel mehr zahlen als beispielsweise einem aus China. Aber ein deutscher Roboter fordert überhaupt keinen Lohn, ganz zu schweigen von Sozialleistungen wie Krankenversicherung oder Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall.“ ↗oekonomenstimme.org

Buchtipp: Krise am Golf

22.05.2020/EG

Matin Baraki, Fritz Edlinger (Hg.): Krise am Golf
Hintergründe, Analysen, Berichte

Sachbuch (Golf-Region, Konflikte, Politik)

„Rund um den Persischen Golf, der auch Arabischer Golf genannt wird, verschärfen sich die Konflikte. Mit Saudi-Arabien und dem Iran liegen einander zwei Erzfeinde an jenem Meer gegenüber, das als wichtigster Transportweg der fossilen Energieträger dient. Der Irak ist nach fast 20 Jahren Krieg völlig ausgelaugt, während die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar Bombeneinsätze in anderen arabischen Staaten fliegen.
Neben den regionalen Konfliktparteien agieren globale Mächte, allen voran die USA, die nach den zerstörerischen Interventionen im Irak (1991 bzw. 2003) als Schutzmacht des saudischen Königshauses auftreten. Geopolitisch auf der anderen Seite steht die zerbrechlichere Allianz zwischen dem Iran und Russland. Als weitere „Außenseiter“ haben sich die Türkei und Israel militärisch in Stellung gebracht, während China mit seinem Projekt der „Neuen Seidenstraße“ auch in der Golfregion wirtschaftlich immer stärker auftritt.

Steuerreformen und deren Wirkungen

21.05.2020/EG
Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin

Stefan Bach, wissenschaftlicher Mitarbeiter am DIW, über die Vorteile einer temporären Mehrwertsteuersenkung, eines Solidaritätszuschlages auf hohe Einkommen und einer Abgabe auf hohe Vermögen

„Von einer Abschaffung des ab 2021 verbleibenden Solidaritätszuschlags profitieren fast nur die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung und innerhalb dieser Gruppe vor allem die obersten Einkommensperzentile.“ (Siehe Abbildung zu den Entlastungswirkungen von Steuerreformen)
„Die Corona-Pandemie löst derzeit eine heftige Wirtschaftskrise aus. Zur akuten Krisenbewältigung sind kurzfristig steuerliche Entlastungen für Unternehmen und Privathaushalte angebracht. So können Erleichterungen bei Abschreibungen und Verlustverrechnung die Unternehmen unterstützen. Diese Maßnahmen vermindern das längerfristige Steueraufkommen nur wenig, da im Wesentlichen steuerpflichtige Einkünfte auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Eine temporäre Mehrwertsteuersenkung stärkt den privaten Verbrauch, soweit sie an die KonsumentInnen durch Preissenkungen weitergegeben wird. Nach Bewältigung der Krise sollte die krisenbedingt deutlich gestiegene Staatsverschuldung durch einen Solidaritätszuschlag auf hohe Einkommen und eine Abgabe auf hohe Vermögen zurückgeführt werden.“ diw.de

Zum Thema

Vermögensbericht Credit Suisse Global:
„Die Vermögensunterschiede sind in Deutschland größer als in anderen großen westeuropäischen Ländern. Der Gini-Koeffizient für Deutschland liegt beispielsweise bei 81,6 Prozent, verglichen mit 67 Prozent in Italien und 70 Prozent in Frankreich. Wir schätzen den Anteil der vermögendsten ein Prozent der Erwachsenen am Gesamtvermögen auf 30 Prozent, was auch im Vergleich zu Italien und Frankreich, wo er in beiden Fällen 22 Prozent beträgt, hoch ist. Als weiteren Vergleich weist das Vereinigte Königreich einen Gini-Koeffizienten von 75 Prozent auf und sein Anteil an den vermögendsten ein Prozent beträgt 24 Prozent. Der Anteil der Erwachsenen in Deutschland mit einem Vermögen unter 10.000 US-Dollar beträgt 41 Prozent, während am oberen Ende der Anteil der Erwachsenen mit einem Vermögen über 100.000 US-Dollar fast viermal so hoch ist wie weltweit. Insgesamt beherbergt Deutschland 2,2 Millionen Millionäre, was 16 Prozent aller Millionäre aus Europa entspricht.“ credit-suisse.com (Seite 48)

Hans-Jürgen Jakobs, Wirtschaftsjournalist, über die Machtverhältnisse im globalen Kapitalismus ↗3sat.de.

EU-Handelsbilanz: Gewinner und Verlierer

19.05.2020/EG
Quelle: Statistisches Amt der Europäischen Union (Eurostat), Luxemburg

Handelsbilanz der EU-Staaten 2019: Deutschlands Exportniveau unverändert hoch / 16 von 27 EU-Mitgliedstaaten und 13 von 19 Euroländer meldeten Handelsdefizite

Europäische Union (27 Mitgliedstaaten)
Wie Eurostat für das erste Quartal 2020 mitteilt, betrugen die Warenausfuhren aller 27 EU-Mitgliedstaaten 1.264,4 Milliarden Euro. Nach den Berechnungen von Eurostat lagen Deutschlands Exporte bei 325,6 Milliarden Euro (-3,0 % ggü. I/2019) und erhöhten damit den Exportanteil, an allen EU-Mitgliedstaaten, auf 25,8 Prozent.

Euroraum (19 Mitgliedstaaten)
Die Warenexporte aus dem Euroraum summierten sich im ersten Quartal 2020 auf 1.046,0 Milliarden Euro. Der Exportanteil Deutschlands erhöhte sich hier auf 31,1 Prozent.

Die komplette Mitteilung lesen Sie hier europa.eu.

Zum Thema

Die Berechnungen des Statistischen Bundesamtes lesen Sie hier destatis.de.

Die Berechnungen der Deutschen Bundesbank lesen Sie hier bundesbank.de.

„Der Welthandel ist ein Nullsummenspiel, bei dem die Überschüsse des einen die Defizite des anderen sind.“ makronom.de

„Ungesunder Überschuss“ ↗boeckler.de

„Das süße Gift der Exportüberschüsse“ makronom.de

IMK-Report zur Rolle der Nominallöhne für die Handels- und Leistungsbilanzüberschüsse boeckler.de

Die Finanzierung des EU-Haushaltes (Beiträge der Mitgliedstaaten) wird künftig am Anstieg der wirtschaftlichen Entwicklung bemessen:
„Gegenwärtig gehören die fünf Mitgliedstaaten, die gemessen an ihrem BNE prozentual den niedrigsten Beitrag zahlen (Dänemark, Deutschland, Niederlande, Österreich und Schweden) zu den acht EU-Ländern mit dem größten relativen Wohlstand. Dieselben fünf Mitgliedstaaten kommen derzeit auch in den Genuss eines Rabatts auf den von ihnen zu zahlenden Beitrag zum EU-Haushalt. Umgekehrt leisten alle Mitgliedstaaten mit einem unterdurchschnittlichen Wohlstand trotz ihrer geringeren Kapazitäten einen gemessen an ihrem BNE-Anteil überdurchschnittlichen Beitrag zum EU-Haushalt. Einfach ausgedrückt: Die reichsten Mitgliedstaaten zahlen am wenigsten, während die ärmsten unverhältnismäßig hohe Beiträge entrichten.“ ↗ec.europa.eu
BNE=Bruttonationaleinkommen

989. Sitzung des Bundesrates

16.05.2020/EG
Quelle: Bundesrat, Berlin

Ausgewählte Beschlüsse der Länderkammer vom 15. Mai 2020:

TOP 8 Algorithmen
Der Bundesrat fordert verstärkte Anstrengungen bei der Regulierung von Algorithmen. Grundrechtssensible Algorithmen, die beispielsweise mit einer Gesichtserkennung verbunden sind, müssten besonders kontrolliert werden, unterstreicht der Bundesrat. Hier sollten Mechanismen greifen, die das Persönlichkeitsrecht der Bürgerinnen und Bürger schützen. Denkbar wäre das Recht auf Kenntnis der involvierten Logik oder ein weitergehender Zugang zu Informationen über algorithmische Systeme. Zentrale datenethische Fragen seien derzeit noch offen und müssten bei einer Regulierung geklärt werden.
Die Entschließung wird nun der Bundesregierung zugeleitet. Diese entscheidet, ob und wann sie die Anregung des Bundesrates umsetzen will. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.

TOP 17 Patientendaten-Schutzgesetz
Der Bundesrat sieht umfangreichen Änderungsbedarf an dem von der Bundesregierung geplanten Patientendaten-Schutz-Gesetz, mit dem das Gesundheitswesen weiter digitalisiert werden soll. Der Regierungsentwurf für das Patientendatenschutz-Gesetz sieht unter anderem vor, dass ärztliche Verordnungen ab 2022 nur noch per eRezept erfolgen. Versicherte können dann per App eRezepte in einer Apotheke ihrer Wahl – entweder vor Ort oder auch online – einlösen. Das grüne Rezept für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel gibt es laut Gesetzentwurf künftig ebenfalls elektronisch. Auch Facharzt-Überweisungen lassen sich danach digital übermitteln.
Die Stellungnahme wurde der Bundesregierung zugeleitet, die in den nächsten Wochen dazu eine Gegenäußerung verfasst und dann alle Dokumente dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt.

TOP 22 Netzwerk-Durchsetzungsgesetz (Hassposts)
Die Bundesregierung will mit dem Entwurf zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes die Nutzerfreundlichkeit der Meldewege bei Beschwerden über rechtswidrige Inhalte verbessern. Zudem will die Bundesregierung Informationspflichten für halbjährliche Transparenzberichte der Plattformbetreiber ergänzen und im Telemediengesetz einen unmittelbaren Auskunftsanspruch gegenüber den Diensteanbietern schaffen. Dieser Anspruch soll für Nutzerinnen und Nutzer gelten, die Opfer rechtswidriger Inhalte in sozialen Netzwerken geworden sind.
Die Stellungnahme des Bundesrates geht an die Bundesregierung, die eine Gegenäußerung dazu verfasst und dann dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt. Dieser hatte bereits am 6. Mai 2020 mit der ersten Lesung des Entwurfs begonnen.

TOP 70 Sozialschutz-Paket II
Die Belastungen des Arbeitsmarktes durch die Corona-Krise sollen weiter abgefedert werden: Es sieht eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes vor. Für diejenigen, die Kurzarbeitergeld für ihre um mindestens 50 Prozent reduzierte Arbeitszeit beziehen, steigt der Betrag ab dem vierten Monat um 10 auf 70 Prozent. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Kindern erhalten weitere 7 Prozent mehr. Ab dem siebten Monat erhöht sich das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent bzw. 87 für Haushalte mit Kindern. Die Regelungen gelten bis Ende 2020. Erleichterungen kommen auch für Arbeitslose, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld zwischen dem 1. Mai und dem 31. Dezember 2020 endet: Sie erhalten drei Monate länger Arbeitslosengeld.
Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Diese entscheidet, ob und wann sie die Anregung des Bundesrates umsetzen will. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.

TOP 71 Pandemieschutzgesetz II
Das Gesetz enthält zahlreiche Rechtsänderungen und Verordnungsermächtigungen zur Bewältigung der Corona-Epidemie.
Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet.

TOP 77A Stephan Harbarth wird ab 06. Mai 2020 neuer Präsident des Bundesverfassungsgerichtes
Der Bundesrat wählte Prof. Dr. Stephan Harbarth zum neuen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes. Er ist seit Ende 2018 Vorsitzender des Ersten Senats und Vizepräsident des höchsten deutschen Gerichts. Harbarth tritt die Nachfolge von Prof. Dr. Andreas Voßkuhle an, dessen Amtszeit als Präsident und als Richter am Bundesverfassungsgericht am 6. Mai 2020 endete. Zur Nachfolgerin Voßkuhles als Richterin im Zweiten Senat wählte der Bundesrat Prof. Dr. Astrid Wallrabenstein. Nach Artikel 94 des Grundgesetzes werden die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt.

Die komplette Tagesordnung lesen Sie hier bundesrat.de.