Ökonomik: Lehre weist deutliche Mängel an Pluralität auf

13.02.2019/EG
Quelle: Makronom, Berlin

Helge Peukert, Wirtschafts- und Staatswissenschaftler, über das einseitige, marktliberal-konservative Weltbild der Lehrbücher in Deutschland

„Zu den Kernbereichen der VWL gehören die Einführungsveranstaltungen der Mikro- und Makroökonomie, die sich mit dem Verhalten der einzelnen Haushalte und Unternehmen bzw. der gesamten Volkswirtschaft (Wachstumsrate, Einkommensverteilung usw.) befassen. Um untersuchen zu können, welche Schwerpunkte diese Veranstaltungen aufweisen, wurden alle laut Modulhandbüchern an deutschen Hochschulen verwendeten Lehrbücher durchgesehen (jeweils rund 60) und die jeweils zwei sehr deutlich dominierenden Lehrbücher kapitelweise hinsichtlich Pluralität, Wissenschaftlichkeit usw. untersucht. Anschließend wurden die Inhalte der beiden exemplarischen Lehrbücher mit den anderen Lehrbüchern verglichen. Es stellte sich heraus, dass es kaum Abweichungen gab.“ makronom.de

Video-Tipp: Staat im Ausverkauf. Privatisierung in Deutschland

25.11.2018/EG
Quelle: Südwestrundfunk (SWR), Stuttgart

Tim Engartner, Sozialwissenschaftler, über den von Regierungen herbeigeführten Verlust staatlicher Substanz

„Marode Schulen und Krankenhäuser, explodierende Mieten in städtischen Zentren, steigende Preise für Wasser, Gas und Strom, geschlossene Filialen der Deutschen Post, »Verzögerungen im Betriebsablauf« bei der Deutschen Bahn. Mit dem Argument, dass Privatisierungen Dienstleistungen besser, billiger und bürgernäher machen, schüttelt der Staat immer mehr öffentliche Aufgaben ab. Unternehmen wie die Deutsche Bundespost, die Deutsche Bundesbahn, die Deutsche Lufthansa, die Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahn (nunmehr Tank und Rast GmbH) – sie alle wurden privatisiert. Dabei kann von der in Aussicht gestellten Entlastung der öffentlichen Haushalte keine Rede sein, jedenfalls dann nicht, wenn man die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung betrachtet. Anhand besonders eindrücklicher Beispiele analysiert Tim Engartner die Privatisierungen in Deutschland und macht deutlich: Diese Politik, die von allen regierenden Parteien betrieben wurde und immer noch wird, ist nicht alternativlos!“ tele-akademie.de

EU: Kein Land erfüllt alle makroökonomischen Richtwerte

22.11.2018/EG
Quelle: Statistisches Amt der Europäischen Union (Eurostat), Luxemburg

Von 14 Indikatoren erfüllen Estland, Malta, Österreich, Polen, Rumänien und Schweden 13, Deutschland wie auch Italien und weitere Länder 12

Das Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten stellt die statistische Basis für den jährlichen Warnmechanismus-Bericht der Europäischen Kommission dar. Basierend auf einer ökonomischen Auswertung der sogenannten Scoreboard-Indikatoren benennt der Warnmechanismus-Bericht diejenigen Mitgliedstaaten, für die eingehendere Analysen erforderlich sind.

Laut Bericht überschreitet Deutschland den Indikator ‘Leistungsbilanzsaldo‘ um 40 Prozent (+8,4% statt max. +6,0%) und den Indikator ‘Öffentlicher Schuldenstand‘ mit 63,9 statt maximal 60 Prozent. ec.europa.eu

Sachverständigenrat fordert Reformen

07.11.2018/EG
Quelle: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Wiesbaden

Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung stellt Jahresgutachten 2018/19 vor / Peter Bofinger, dienstältestes Mitglied* im Sachverständigenrat, vertritt in mehreren Punkten eine andere Meinung:

Kapitel ‘Wirtschaftspolitische Weichenstellungen‘ (Seite 76)

„Ein Mitglied des Sachverständigenrates, Peter Bofinger, kann sich der Kritik, die von der Mehrheit in diesem Kapitel an der Bundesregierung geübt wird, nicht anschließen. Die gilt zum einen für die generelle Einschätzung, dass sich die Regierung mit ihrer Politik in die falsche Richtung bewege und zum anderen für die konkrete Aussage, dass es der falsche Weg sei, „Forderungen nach industriepolitischen Eingriffen nachzugeben“.
Im Prinzip wiederholt die Mehrheit damit ihre grundlegend negative Beurteilung der deutschen Wirtschaftspolitik, wie sie bereits im Jahresgutachten 2013 (und auch den folgenden Gutachten) zu finden ist. Damals wurde der neuen Regierung eine „rückwärtsgerichtete Wirtschaftspolitik“ diagnostiziert: „In ihrer Gesamtheit drohen die derzeit diskutierten wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die Reformfortschritte, die Deutschland in den vergangenen Jahren erzielen konnte, zunichte zu machen.“ Die Mehrheit hat diese Einschätzung damals mit der Warnung verbunden, dass die künftigen Herausforderungen sogar um ein Vielfaches schwerer zu bewältigen seien, wenn die Reformen der Agenda 2010 verwässert oder in Teilbereichen gänzlich zurückgenommen werden. Gleiches gelte für „wachstums- und beschäftigungsfeindliche Maßnahmen wie den Mindestlohn“.
Inzwischen sind fünf Jahre vergangen, die in wirtschaftlicher Hinsicht ungewöhnlich gut ausgefallen sind. Die deutsche Wirtschaft ist im Zeitraum von 2013 bis 2018 um rund 2 % jährlich gewachsen und die Anzahl der Beschäftigten liegt im Jahresdurchschnitt 2018 um mehr als 2,5 Millionen über dem Wert des Jahres 2013.“

Darüber hinaus teilt Peter Bofinger diverse Aussagen der anderen Mitglieder im Sachverständigenrat zum Kapitel ‘Geld- und Fiskalpolitik im Euro-Raum‘ (siehe Seite 222) sowie im Kapitel ‘Internationaler Steuerwettbewerb‘ (siehe Seite 321) nicht.

Das komplette Jahresgutachten 2018/19 lesen Sie hier sachverstaendigenrat-wirtschaft.de.

*Peter Bofinger wird den Sachverständigenrat zum Ende seiner dritten Amtszeit im März 2019 verlassen. Peter Bofinger ist seit März 2004 Mitglied im Sachverständigenrat.

Wirtschaftssanktionen als Instrument zur Durchsetzung zweifelhafter Interessen

29.05.2018/EG aus dem Medium ZEIT-FRAGEN, Zürich

Hans Köchler, Rechtsphilosoph, zu den Sanktionen aus völkerrechtlicher Sicht

„Wenn der eine Staat sehr viel stärker ist als der andere, dann wird die Verlockung, die eigenen Interessen in Form von Sanktionen durchzusetzen, natürlich noch viel grösser sein. Umgekehrt gilt das Gegenteil. So wird etwa die Republik San Marino nicht im Traum daran denken, Sanktionen gegen die Vereinigten Staaten von Amerika zu verhängen.
Realpolitisch machen Sanktionen also nur Sinn, wenn es ein Ungleichgewicht der Macht gibt. Dafür gibt es auch einen empirischen Beleg. Der derzeit weltweit mächtigste Staat, die USA, hat in den letzten Jahrzehnten eine weit grössere Anzahl von Sanktionen verhängt als alle anderen Staaten zusammen. Eine detaillierte Statistik würde den Rahmen dieses Vortrages sprengen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch noch der Aspekt der Willkür, ja, der Erpressung, als Instrument der Aussenpolitik. Die Attitüde ist dabei oftmals eine der Selbstgerechtigkeit, mit welcher der sanktionierende Staat (beziehungsweise die sanktionierende Staatengruppe) quasi eine Kollektivstrafe verhängt. Dies zeigt sich augenblicklich auch ganz konkret an den Russlandsanktionen.“ ↗zeit-fragen.ch