Pflege als Industrie?

03.07.2018/EG aus dem AWblog der Bundesarbeitskammer, Wien

Claudia Fida, diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, über eine an menschlichen Bedürfnissen vorbeigetaktete Arbeitswelt in Österreich

„Der Arbeitsprozess wird in möglichst kleine Teileinheiten und die Aufgaben werden nach funktionellen Gesichtspunkten zerlegt. Genau diese Arbeitsteiligkeit ist das zentrale Problem der Funktionspflege. Kommunikation mit den PatientInnen wird als Einzel-Arbeitselement betrachtet. Bei der arbeitsteiligen Pflege kann eine Beziehung zum Pflegebedürftigen kaum entstehen. Der ganzheitliche Charakter der Pflegearbeit wird bei der Funktionspflege zerstört. Beziehungsaufnahme und Zugewandtheit mit bzw. zu Pflegebedürftigen findet meist über körperbezogene Handlungen statt. Das hierarchisch-zentralistische Modell der traditionellen Funktionspflege wird zunehmend abgelöst durch moderne Bezugspflegesysteme. (…)

Die Sinnfrage stellen

Wenn wir dem, was wir tun, keinen inneren Sinn geben, dann wird es funktional. Und wenn es funktional wird, dann wird es mechanisch (Paul J. Kohtes). Das aber ist tödlich für eine Form der Arbeit, in der es um Kreativität und um Beziehungen geht.

Die Theorie des Taylorismus „Führung durch Motivation mit Akkordlohn“ wurde abgelöst und man weiß heute, dass Arbeitszufriedenheit durch Selbstverwirklichung und Autonomie gesteigert wird. Ein Handlungsspielraum am Arbeitsplatz muss es den Pflegenden ermöglichen, Planung, Kreativität, Entscheidungsspielraum und Selbstkontrolle einzubringen und zu entwickeln und dabei den Ganzheitscharakter der Aufgabe zu wahren.“ awblog.at

Die Bundesarbeitskammer ist die gesetzliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer in Österreich.